Umgang mit Angst bei Kindern – So verhalten Sie sich richtig

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Kinderängste sind typisch

Jedes Kind entwickelt im Laufe seiner Entwicklung Ängste. Doch wie können Familie und Bezugspersonen am besten damit umgehen? Wie lässt sich ein ängstliches Kind ermutigen? Wir haben die wichtigsten Tipps parat.

Kinderängste sind normal und meist harmlos

Kinder haben Angst. Das ist völlig normal und gibt sich von selbst wieder. Allerdings sind viele Erwachsene regelmäßig verunsichert, wenn Kinderängste plötzlich auftreten. Nicht nur das, leider wird den Kindern durch Sätze wie „Du brauchst keine Angst haben“ oder „In Deinem Alter hat man doch keine Angst mehr“ suggeriert, dass ihre Gefühle nicht ernst genommen werden.

Woran liegt das?

Weil Angst für die meisten Menschen eine negative Bedeutung hat. Dabei ist die kindliche Angst ein Zeichen für eine gesunde Entwicklung. Der dänische Philosoph Søren Kierkegaard meinte, die Angst trete stets im Kontext der Freiheit auf – um sich individuell zu entwickeln, Neues zu erfahren und die Welt kennenzulernen. Angst als Herausforderung, aber auch als Chance zu Autonomie und Selbstbewusstsein.

Vgl. Autonomiephase verstehen sowie Selbstbewusstsein bei Kindern stärken

Genau zu dieser Perspektive möchten wir auch Sie ermutigen. Die meisten normalen Kinderängste sind Begleiterscheinungen des geistigen und körperlichen Entwicklungsprozesses. Nicht mehr und nicht weniger. Kinder reifen an diesen kleinen Herausforderungen und bauen Selbstvertrauen auf.

5 wichtige Prinzipien bei Kinderängsten

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  1. Nehmen Sie die Ängste des Kindes ernst und machen Sie sich nicht darüber lustig

  2. Zeigen Sie Verständnis anstatt Aussagen zu machen wie „Da ist doch nichts, Du brauchst keine Angst zu haben“.

  3. Sprechen Sie mit dem Kind darüber. Und bitte nehmen Sie sich Zeit dafür.

  4. Geben Sie dem Kind die Sicherheit, dass Sie im Notfall immer helfen.

  5. Bleiben Sie gelassen und lassen Sie sich nicht von der Angst des Kindes anstecken.

Der richtige Umgang mit Angst bei Kindern

Die folgenden Tipps werden von Psychologen und Pädagogen empfohlen, wenn bei Kindern normgerechte Ängste bei Kindern auftreten:

Zuneigung durch Berührung

Anteilnahme muss nicht nur über Worte ausgedrückt werden. Viel wirkungsvoller sind nonverbale Bestätigungen wie körperliche Nähe, zum Beispiel Umarmungen, zärtliches Streicheln oder ein Kuss. Selbstverständlich spricht nichts dagegen, dass Sie diese liebevollen Gesten mit tröstenden Worten unterstreichen. Auch zustimmende Zeichen wie Kopfnicken drücken Verständnis aus.

Vernunftbetonte Argumente vermeiden

Es gibt Sätze, die bei Kinderängsten oft fallen, aber leider nicht sehr hilfreich sind. Im Gegenteil, sie führen sogar dazu, dass sich das Kind innerlich distanziert und blockiert, weil es sich unverstanden fühlt. Darunter fallen zum Beispiel die folgenden Aussagen:

  • Du brauchst (doch) keine Angst haben

  • Ein Indianer weint nicht/ hat keine Angst (bei Jungs)

  • Schämst Du Dich nicht?

  • Da gibt es nichts zu fürchten

  • Es ist ja gar nichts passiert

Nicht dramatisieren

Andererseits sollten Sie die Ängste Ihres Kindes auch nicht über-ernst nehmen. So verstärken Sie nämlich nur die Angst des Kindes und lösen ein Gefühlschaos aus. Dazu gehören Sätze wie:

  • Oh, mein armer Liebling, was für schreckliche Angst musst Du haben

  • Komm zu Mama, ich tröste Dich

  • Papa wird Dir helfen

In die Lage des Kindes versetzen

Verständnis können Sie am besten vermitteln, indem Sie sich in Ihr Kind hineinversetzen. Sprechen Sie zum Beispiel darüber, dass auch Sie als Kind die gleichen Ängste hatten und sie so oder so lösen konnten. Auf diese Weise inspirieren Sie Ihr Kind auch noch, eine mögliche Lösung zu finden.

Aktiv Zuhören und Fragen stellen

Aktives Zuhören haben wir als Erwachsene oft verlernt. Hier ist es aber ganz wichtig, dass Sie sich selbst zurücknehmen und den Sorgen Ihre Kindes genau zuhören. Ohne es zu unterbrechen. Stellen Sie stattdessen situationsbezogene Fragen wie: „Was macht Dir Sorgen?“, „Ich sehe Du bist aufgeregt. Magst Du mir erzählen, was los ist?“ oder “Was denkst Du, was passiert, wenn…?”

Dabei bitte nicht auf Antworten drängen. Entwicklung braucht Zeit und das ist okay so.

Rituale einführen

Rituale geben Sicherheit, gerade wenn angstbesetzte Situationen immer wieder vorkommen. Das kann zum Beispiel Kuscheln bei Gewitter sein, das Vorlesen einer Geschichte oder etwas anderes Schönes, das Ihrem Kind Vertrauen und Geborgenheit vermittelt.

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Rollenspiele mit Puppen oder Stofftieren

Eine gute Methode gegen Kinderängste sind kleine Rollenspiele. Hat Ihr Kind beispielsweise Angst vor dem Doktor oder Krankenhaus, dann können Sie das Kind mit einem Arzt-Patient-Rollenspiel darauf vorbereiten und ihm die Angst nehmen. Natürlich geht das auch mit allen anderen Situationen. Animieren Sie das Kind auch dazu, in die Rolle des Bösewichts zu schlüpfen. Indem das Kind diese nachspielt, verliert es die Angst davor.

Bewegung fördern

Auch sehr bewährt beim Umgang mit Ängsten bei Kindern. Sport und körperliche Bewegung fördert die Gesundheit von Kindern, stärkt ihr Selbstbewusstsein, fördert das Körpergefühl und vieles mehr. Vor allem ängstliche Kinder zeigen oft einen Mangel an Körpergefühl, mit Bewegungsspielen oder Sport lässt es sich verbessern. » Bewegungserziehung

Wann brauchen Kinderängste eine ärztliche Behandlung?

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Sobald ernsthafte Angstsymptome überhand nehmen. Das ist der Fall, wenn das Kind regelmäßig an Anspannung und Nervosität leidet und körperliche Anzeichen auftreten. Zu den wichtigsten Symptomen einer möglichen Angststörung zählen:

  • starke Nervosität

  • starke Ruhelosigkeit, Zittern

  • körperliche Beschwerden in bestimmten Situationen, ohne organische Ursache wie Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Schwitzen, Durchfall, Herzrasen etc.

  • extreme Trennungsängste

  • anhaltende Schlafprobleme

Je eher die pathologische Angst bei Kindern vom Facharzt behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen und die Möglichkeit der freien Entwicklung. Auch chronische Krankheitsverläufe können Sie so im Vorhinein verhindern.

Und Ihr Liebstes muss später nicht mit den Folgeerscheinungen kämpfen (Schulprobleme, Verlust von Freunden u.s.w.). Vgl. auch: Kind hat keine Freunde im Kindergarten – Ursachen & Tipps


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Quellen:

1) Prof. Dr. med. Johannes Hebebrand (DGKJP), Neurologen und Psychiater im Netz
2) Herpertz-Dahlmann: Entwicklungspsychiatrie – Biologische Grundlagen und die Entwicklung psychischer Störungen (Schattauer Verlag 2005)
3) Kindergesundheit-Info
4) Barbara Dolak: Keine Angst vor der Angst – Über entwicklungsbedingte Kinderängste und ihr Potenzial
5) LWL-Klinik Paderborn: Angst zu haben ist in bestimmten Situationen ganz natürlich
6) Prof. Dr. med. Dipl. Psych. Silvia Schneider im Interview mit der F.A.Z.
7) Sarah King: Kinderängste: Woher kommen sie? Wie können Eltern helfen?
8) Prof. Dr. med. Dipl. Psych. Susanne Walitza, im Interview mit swissmom
9) Deutsches Institut für Angstüberwindung
10) Dr. Jan-Uwe Rogge, Erziehungsberater und Autor

Tamara Niebler

Tamara ist studierte Philosophin (Mag. phil.) & freie Journalistin in München. Sie unterstützt unsere Redaktion mit jeder Menge Fachwissen und kritischen Denkanstößen. Tamaras Motto: „Wege entstehen dadurch, dass wir sie gehen“ (Franz Kafka)

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