Mein Kind will sich nicht anstrengen – Das steckt dahinter!

Möchte ein Kind sich nicht anstrengen – und das von heute auf morgen – stimmt etwas nicht. Zuvor war es so entdeckungsfreudig und wissbegierig, und heute scheint es dir, als würde es von Tag zu Tag fauler? Tatsache ist: Kinder sind nie von Natur aus faul. Wenn ein Kind faul wird, dann muss dem auf den Grund gegangen werden. 

Der Begriff „Faulheit“ und sein Schatten

Kind will sich nicht angstrengen

Wie steht es mit dem Begriff „Faulheit“ in unserer Gesellschaft? Die Faulheit führt dazu, dass aus uns nichts wird, wer faul ist, taugt nichts.

Das Wort „Faulheit“ steht unter dem Motto „Zeit ist Geld“ und ist in unserer 24/7 beschäftigten Gesellschaft sehr negativ behaftet. 

Das war mal anders. Im 19. Jahrhundert zum Beispiel war die Faulheit ein Luxus, den sich nur wenige gönnen konnten. Es galt als Glück, wenn jemand finanziell gut dastand, ohne etwas zu tun. Faulheit wurde damals mit Freiheit gleichgesetzt. Heute spürt man von diesem Lebensstil jedoch nichts mehr. In der heutigen Gesellschaft ist ein Mensch, der nicht dauerhaft beschäftigt ist, faul. Wie häufig hört man den negativ bewerteten Satz: „Er/Sie liegt mal wieder auf der faulen Haut.“ 

» Leistungsdruck & Gesellschaft: Kinder unter Druck + Leistungsdruck in der Grundschule

 

Was Kinder über Faulheit lernen

Das alles übertragen wir auf Kinder: Wenn ein Kind sich nicht anstrengen will, halten wir es für faul. Und die Kinder bekommen mit, wenn das soziale Umfeld eine negative Einstellung gegenüber diesem Wort hat. Faulheit = Nichts tun. » Kindheit prägt das Leben

Jedes Kind lernt also von Anfang an, dass faul sein nicht gut ist – und es verlernt durch diese gesellschaftliche Einstellung und indirekte Erwartung, auf sich und seinen Körper zu hören. Es wird sich keine Pausen gönnen, da nichts tun nicht gut ist. Sogar in den Ferien.

Wird ein Kind gefragt, was es in den Ferien gemacht hat und es antwortet mit: „Ich hab` nichts gemacht“, wird den Eltern sofort Unfähigkeit oder Desinteresse unterstellt, weil sie das Kind scheinbar nicht beschäftigen.

Noch schlimmer: Heute wird hinter einer gesunden Faulheit oft Vernachlässigung vermutet. Vielen Eltern wird sogar empfohlen, innerhalb der Ferienzeit mit ihren Kindern Übungen zu machen. Geht es dir auch so? Dann frage das nächste Mal nach, wie die empfehlende Person es finden würde, wenn ihr Chef ihr einen Stapel Arbeit mit in den Urlaub gibt. 

 

“Faule Kinder“ sind verunsichert oder resignieren

Wenn sich dein Kind „faul“ zeigt, dann hat das immer tiefergehende Gründe und hat nicht mit Charakter oder einem anderen persönlichen Defizit zu tun. Jedes Kind besitzt einen natürlichen Entdecker- und Forscherdrang. Lebt es diesen plötzlich nicht mehr aus, stimmt etwas in seiner sozialen Umgebung nicht. Oft liegt auch die Ursache im gesellschaftlichen System. 

Jedes Kind ist ein Individuum und einzigartig. Und genau so entwickelt es sich und lernt es auch. Es gibt Kinder, die besondere Förderung aufgrund einer Entwicklungsverzögerung brauchen oder langsamer in der Verarbeitung von Informationen und Reizen sind.

Paradoxerweise wird in unserem gesellschaftlichen System von jedem Kind erwartet, dass es zur gleichen Zeit und unter den gleichen Voraussetzungen lernt wie alle anderen Kinder. Dieser soziale Druck ist nicht zu unterschätzen und wird von Kindern genau wahrgenommen. 

Ein weiterer Grund, wenn Kinder die Motivation zum Lernen verlieren: mehr Kritik als Lob. Auf seinen anfänglichen Frust folgen dann schnell Ängste. Ein Kind, das Versagensängste entwickelt, traut sich nicht mehr zu erforschen und zu entdecken, weil es Angst davor hat, keinen Erfolg zu haben oder den Erwartungen anderer nicht zu genügen. » Emotionaler Stress bei Kindern

Die plötzliche Faulheit wäre hier ein Zeichen dafür, dass dein Kind aufgegeben hat, weil es nichts richtig machen kann. Frust und Angst sind belastend, lähmen und blockieren. Das schadet auf Dauer dem Selbstwert eines Kindes. Denn auch das größte Talent und die tiefste Leidenschaft, kann sich nur dort entfalten, wenn das Umfeld genügend Raum und Ermutigung bietet. » Stärken eines Kindes

 

10 Tipps: So hilfst du deinem Kind seinen Forscherdrang wiederzufinden 

Intrinsische Motivation bei Kindern fördern 


1) Verständnis vs. Druck

Entwickle ein tiefes Verständnis dafür, dass jedes Kind individuell ist. Druck führt zur Unterdrückung der Identität eines Kindes. Hilf ihm dabei, seine Bedürfnisse formulieren zu können und finde einfühlsam heraus, was dein Kind begeistert. 


2) Aufgeschlossene Kommunikation

Offene Kommunikation ist die Basis für ein harmonisches und verständnisvolles Miteinander. Höre aufmerksam zu, wenn dein Kind etwas sagt. Plane für solche Gespräche, Raum und Zeit ein, ohne etwas nebenbei zu erledigen. » Was Kinder brauchen?


3) Realistische Zielsetzung

Setzt euch gemeinsam gut erreichbare Ziele, die für dein Kind klar und messbar sind, also nicht in weiter Ferne liegen. So spürt dein Kind auch schnell Fortschritte und den Erfolg. Kurze Wege sind hier besser als lange Durststrecken. 


4) Misserfolge als Motivator zum Erfolg begreifen

Lass zu, dass dein Kind verinnerlicht, indem es begreift, dass nicht alles auf Anhieb funktioniert und gerade die Misserfolge den Lernprozess ausmachen. Sie erlauben uns, Fehler zu erkennen und stärken langfristig unsere Anstrengungsbereitschaft. » Positive Fehlerkultur für Kinder


5) Loben und Anerkennen

Lobe dein Kind, wenn es einen Fortschritt macht. Deine Anerkennung stärkt das Selbstbewusstsein deines Kindes erheblich. 


6) Entdeckt Freude

Verpacke trockene Themen wie Matheaufgaben spielerisch, um die Begeisterungsfähigkeit deines Kindes zu wecken. 


7) Du bist das Vorbild deines Kindes

Genauso wie sich dein Kind in allen Lebenslagen an dir orientiert, schaut es auch zu dir auf, wenn es um Zielsetzung und Erfolge geht. Es merkt sich, welche Strategien du dabei anwendest. » Selbstbewusstsein bei Kindern stärken


8) Schaffe Ausgleich

Nicht jeder Mensch ist in jedem Bereich gleich gut. Schaffe einen Ausgleich zu dem Bereich, der ihm etwas schwerer fällt. » Aktivitäten mit Kindern (Spielideen In- und Outdoor)


9) Geduld ist gefragt

Jedes Kind lernt in seinem eigenen Tempo. Ja und manchmal geht das seeeehr langsam – So langsam, dass du ungeduldig werden kannst. Atme tief durch und hab Geduld. Es lohnt sich.


10) Keep cool!

Ja, oft fällt uns genau das im Alltag am schwersten. Einen kühlen Kopf bewahren, wobei wir doch an so vieles zur gleichen Zeit denken sollen, was am besten schon gestern hätte erledigt werden müssen. Und genau den Druck spürt dein Kind und gerät in der Hektik in diesen Strudel hinein.

» Resilienzstärkung im Alltag » Familienregeln » Mama Burn-out: Symptome

Wenn du diesen Moment der Überforderung und Reizüberflutung bei dir bemerkst, schaffe Ausgleich mit Spaß. Bspw. ein Eis oder du machst eine Wasserschlacht im Garten.

Ihr seid im Auto und vor euch liegt ein kilometerlanger Stau? Dreh das Radio auf und singe mit deinem Kind laut mit. So baut ihr Stress ab und habt auch noch eine Menge Spaß dabei. 

 

Fazit: Faulenzen tut uns allen gut

Wir möchten in diesem Artikel einen kleinen Denkanstoß zur Veränderung bieten. Wie wäre es, wenn wir das so negativ behaftete Wort “Faulheit” wieder positiv verstehen lernen? Nichts-Tun als Muße begreifen, die uns hilft, zu regenerieren? Einfach sein dürfen – das tut gut, Kindern wie Erwachsenen. Ein Mensch, der einfach mal faul sein kann, ist bei sich selbst angekommen. 

Svenja Gleffe – Redaktion Deutsche Lebensbrücke

Co-Autorin: Tamara Niebler, freie Journalistin und seit mehreren Jahren Teil des Redaktionsteams der Deutschen Lebensbrücke.

Svenja schreibt als ausgebildete Pädagogin über kindliche Entwicklung und unterstützt unsere Redaktion mit fundierten Fachtexten. Ihr Motto: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen!“ (Aristoteles)

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