Corona & Kinder - Was die Krise mit der kindlichen Psyche macht
Corona-Zeit belastet auch Kinder
Die Corona-Krise geht nicht spurlos an unseren Kindern vorüber. Eine Studie beweist: Kinder leiden unter starken psychischen Belastungen.
Kinder & die Lebensqualität während Corona
Einige haben es längst vermutet. Jetzt ist es schwarz auf weiß: Kinder & Jugendliche in Deutschland leiden während der Corona-Zeit psychisch & emotional. Das hat jetzt die COPSY-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) erwiesen.
Allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.
An der Untersuchung waren über 1.000 Kinder und Jugendliche zwischen dem 11. und 17. Lebensjahr und 1.500 Erwachsene beteiligt.
Sie alle wurden regelmäßig zu den Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen befragt. Der Schwerpunkt lag dabei auf psychisches Wohlbefinden & Lebensqualität, doch auch Schule, Familie und Freunde waren wichtige Themen.
Umfrage unter 150 Kinderärzten warnte vor Spätfolgen
Bereits im August 2020 wurde eine Umfrage veröffentlicht, an der 150 Kinderärzte teilgenommen hatten. In dieser Studie ging es um die Auswirkungen durch Schließungen von Schulen, Kitas und Sportvereinen – also die Bereiche, in denen Kinder & Jugendliche vor allem soziale Kontakte erleben.
89 % der Ärzte gaben an, mehr psychische Probleme bei Kindern zu beobachten
37 % berichteten über einen Zuwachs von körperlichen Leiden
Am meisten betroffen: Kinder & Jugendliche ab 6 Jahren aufwärts
in 50 % der Fälle kam es zu Verhaltensänderungen, Rückzug, Reizbarkeit, Antriebslosigkeit und Angststörungen
46 % der Ärzte sprachen von vermehrten Aggressionen
45 % stellten Schlafstörungen fest
4 von 5 Kinderärzten beobachteten sogar Merkmale für eine verzögerte Entwicklung
Als Ursachen gaben die Mediziner hier bereits an: zu wenig Freizeitmöglichkeiten, zu hoher Medienkonsum (TV, Computer, Handy), Überforderung der Eltern und mehr Streit in den Familien.
"In den kommenden Monaten wird sich erst das gesamte Ausmaß der Corona-Folgen für die Kindergesundheit abschätzen lassen", schätzt damals Dr. Gerd Herold ein, Beratungsarzt bei der pronova BKK (2). Völlig zu Recht, wie die COPSY (Corona und Psyche) Studie jetzt anhand genauer Daten belegen konnte.
Corona-Krise belastet die kindliche Psyche
Die Ergebnisse sprechen Bände: über 70 % der Kinder & Jugendlichen berichteten, dass sie sich emotional und seelisch durch die Corona-Krise belastet fühlen.
Laut den Wissenschaftlern sind Angst, Stress & depressive Verstimmungen durch die Pandemie auf dem Vormarsch.
Auch litten die Kinder im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit vermehrt an Gereiztheit, Einschlafproblemen, Bauchschmerzen und Kopfschmerzen.
Jedes 4. Kind sagte sogar, in der Familie werde häufiger gestritten als zuvor. Ein Umstand, der stark auf die kindliche Entwicklung einwirkt, wie wir von der Kinderpsychologie wissen.
Die Großumfrage deckt aber noch einen weiteren Missstand auf, der Kinderärzte, Pädagogen und Eltern zu Recht große Sorgen bereitet: Kinder & Jugendliche greifen während der Corona-Pandemie häufiger zu Süßigkeiten, bewegen sich weniger, beschäftigen sich intensiver mit TV & Handy.
„Wir haben mit einer Verschlechterung des psychischen Wohlbefindens in der Krise gerechnet. Dass sie allerdings so deutlich ausfällt, hat auch uns überrascht“, erklärte Prof. Ravens-Sieberer, Leiterin der Studie. (1)
Belastung sind von sozialen Verhältnissen abhängig
Die Herkunftsfamilie & Lebensverhältnisse spielen eine Rolle
Dabei trifft es nicht alle Kinder gleichermaßen. Im Gegenteil, diejenigen, die ohnehin am meisten verzichten müssen, sind auch dieses Mal am meisten betroffen.
Für Kinder & Jugendliche, deren Eltern einen Migrationshintergrund oder niedrigen Bildungsabschluss haben, sind die veränderten Lebensverhältnisse unter Corona besonders massiv.
fehlende finanzielle Mittel
beengter Wohnraum
keine Rückzugsmöglichkeiten
Mangel an Tagesstruktur
mehr familiäre Konflikte
Evtl auch interessant für Sie: Kinderarmut & Migrationshintergrund – ungleiche Chancen für Kids von Zuwanderern
All diese Faktoren tragen zusätzlich dazu bei, dass benachteiligte Kinder psychische Auffälligkeiten entwickeln.
„Wir brauchen dringend Konzepte, wie wir die Familien in belasteten Phasen besser unterstützen können. Wir wissen, wenn die Eltern belastet sind, sind es auch die Kinder. Und wenn verschiedene Belastungen zusammenkommen, nimmt das Risiko für psychische und psychosomatische Auffälligkeiten zu “,
so Prof. Ravens-Sieberer (1)
Es scheint aber nicht nur Verlierer in der Corona-Krise zu geben.
Zum Beispiel erzählen auch einige Psychologen und Mediziner von positiven Auswirkungen auf Familien (7). Darunter:
intensiveres Spielen mit Geschwistern
mehr aktive Zeit mit den Eltern
gemeinsames Kochen & Essen
Maskenpflicht & Social Distancing
Schädigt das die kindliche Psyche?
Immer wieder werden auch Stimmen laut, die vor den psychischen Spätfolgen der Corona-Maßnahmen bei Kindern warnen.
Kinderpsychiater Prof. Dr. Michael Schulte Markwort beruhigt:
„So schnell entsteht natürlich kein Schaden. (…)
Auch bei Vorträgen habe ich die Erfahrung gemacht, dass es sehr anstrengend ist, einen Vortragenden zu verstehen, ohne die Mimik zu sehen. Das heißt, ein Lehrer, der unter Umständen einen Mundschutz trägt, ist für die Schüler viel anstrengender.
Ob das aber gleich zu Schäden führt, wage ich zu bezweifeln.“ (5)
Auch ist der Mundschutz für Kinder ungefährlich, wie Experten bereits geklärt haben.
Wichtig ist vor allem, dass die Eltern ruhig und entspannt mit der Sachlage umgehen und dem Kind keine Angst vermitteln. Hier liegt nämlich die eigentliche Ursache, warum Kinder Angst vor Corona & der Schule entwickeln:
„Kinder sind ja sowieso sehr anpassungsfähig und flexibel, die haben sich gut an die Situation adaptiert.
Deren Angstpegel steht und fällt mit Angstpegel der Eltern.“
so Dr. Markwort (6). Er kritisiert vor allem, dass Kinder, die bereits vorher aus psychosoziale Unterstützung angewiesen waren, seit der Krise noch weniger Hilfen erhielten.
Auch die Entwicklungspsychologin Anja Karlmeier gibt Entwarnung:
„Wenn die Familien ihren Kindern normalerweise gute oder zumindest zufriedenstellende Bedingungen bieten, werden die Schulschließungen sie in den meisten Fällen weder akut noch latent schädigen.“
Allerdings gibt es 2 Gruppen von Kindern & Jugendlichen, um die sich die Experten sorgen.
Das sind, wie vorher bereits erwähnt:
Kinder aus schwierigen Verhältnissen, die während der Corona-Krise vermehrt Missbrauch und Gewalt ausgesetzt sind.
Jugendliche zwischen 11 und 14 Jahren, die sich in der Vorpubertät befinden. Diese Gruppe bräuchte gerade jetzt etwas Distanz zu den Eltern, um sich gesund und selbstständig entwickeln zu können.
Homeschooling-Aktion für sozial benachteiligte Kinder
Als Kinderhilfe bereitet auch uns diese Entwicklung große Sorgen. Gerade Kinder aus sozial- & einkommensschwachen Familien haben es überaus schwer, ihren Corona-bedingten Lernrückstand aufzuholen. Sie können kein Homeschooling machen, weil die Infrastruktur zuhause fehlt und/oder die Eltern arbeiten müssen oder sich nicht kümmern können.
Der Wissensabstand zu den anderen Kindern wird immer größer und alleine können sie die Defizite nicht aufholen, um sich aus dem Teufelskreis der Armut zu befreien.
Aus diesem Grund haben wir das Projekt „Homeschooling-Tablets für bedürftige Kinder” ins Leben gerufen.
Wir freuen uns über jede Unterstützung und danken Ihnen herzlich im Voraus für Ihre Hilfe!
Hat Ihnen der Artikel gefallen?
Wir bemühen uns, Ihnen hochwertige und informative Beiträge zur Verfügung zu stellen.
Wenn Sie uns ein kleines Danke sagen wollen, dann unterstützen Sie gerne unsere Kinderhilfsprojekte der Deutschen Lebensbrücke mit einer kleinen Spende. Jeder Euro zählt. Herzlichen Dank!
Quellen:
1) zdf.de – phoenix-Sendungen: Was macht Corona mit den Kindern?
2) Folker Lück: Kinder-Psyche leidet unter Corona-Krise
3) Prof. Dr. Michael Schulte-Markwort (Kinderpsychiater) im Interview auf BR24
4) COPSY-Studie 2020, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
5) Ärzteblatt: Psychische Gesundheit von Kindern während Coronapandemie verschlechtert
6) Axel Schröder: Studie zur Auswirkung der Pandemie – Wenn Corona Bauchschmerzen macht
7) Anja Karlmeier, Entwicklungsneuropsychologin, im Interview mit der Zeit online
Freundschaft in der Kindheit prägt unser ganzes Leben. Insbesondere gleichaltrige Freunde sind bedeutsam für das Sozialverhalten. Vielleicht erinnerst du dich auch noch an deine erste Freundin oder deinen ersten Freund in der Kita bzw. Grundschule? Das kommt nicht von ungefähr. Schließlich sind die ersten Kinder-Freundschaften, die wir in unserem Leben schließen, die Basis für alle weiteren zwischenmenschlichen Interaktionen.