Zwischen Kohle und Kritik – Die „Grillfrage“
Sommerzeit ist Grillzeit. Ob am See, im Schrebergarten, bei Sommerfesten, auf der heimischen Terrasse oder dem Balkon – überall steigt der Duft nach Gebratenem in die Luft. Und mit ihm mehr oder weniger dichte Rauchwolken. Es soll Zeiten geben, da watet man an so manchem Seeufer orientierungslos durch nach Grillanzünder riechenden Nebel.
Kleine Geschichte des Grillens:
Von der Urzeit zur Freizeit
Das Grillen ist wahrscheinlich so alt wie das Feuer selbst. Bereits in der Steinzeit erkannten die Menschen, dass Fleisch über dem offenen Feuer nicht nur haltbarer, sondern auch schmackhafter und leichter verdaulich wird. Diese Urform des Grillens, das Braten über der Glut, war von Anfang an gleichzeitig ein soziales Ereignis: Man kam zusammen, teilte das Mahl und entwickelte Gemeinschaft.
Kulturelle Vielfalt
In fast allen Kulturen hat sich das Grillen durch die Jahrtausende hinweg erhalten. Früher aus rein praktischen Gründen, später hat es sich als besonderer und geselliger Akzent etabliert – oft mit regionaltypischen Ausprägungen: In Südamerika als Asado mit offenen Feuerstellen, in den USA als Barbecue, oft als Sehen-und-gesehen-werden organisiert, in Afrika und Asien als Straßen-Grillküchen mit Spießen und Holzkohle. In Mitteleuropa wird auf der Grillparty sommerliche Geselligkeit gefeiert. In Osteuropa und auf dem Balkan drehen sich an vielen Dorfeingängen ganze Schweine am Spieß. Die muslimische Variante ist ein Lamm oder Hammel.
Grillen ist Männersache?
Tatsächlich?
Und wenn ja, warum?
Und was ist mit den Frauen?
Warum vor allem Männer den Rost regieren
Warum grillen die meisten Männer so gerne? Und obwohl in vielen Haushalten die Küche traditionell weiblich konnotiert war, hat sich der Grill als Männerdomäne etabliert – besonders in westlichen Kulturen. Warum? Hier vier mögliche Gründe.
Männer stehen nicht nur gerne hinterm Grill – sie essen Gegrilltes auch besonders gerne – egal ob Fleisch oder Würstchen.
Comeback des historischen Rollenbilds
Grillen wird als „ursprünglich“ wahrgenommen: Feuer, Fleisch, Werkzeug – das erinnert, bewusst oder unbewusst, an archaische Rollen von Jägern und Beschützern. In einer zunehmend gleichberechtigten Gesellschaft können Männer sich dadurch gestärkt fühlen.
Technik & Kontrolle
Viele Männer schätzen das Grillen auch wegen des technischen Aspekts: Temperatur, Ausrüstung, Werkzeuge, Timing – alles messbar und kontrollierbar. Dazu tragen immer aufwändigere, vielfältigere und komplexe Grillstationen bei, die in der Werbung ausschließlich von muskulösen Männern auf sonnendurchfluteten Terrassen bedient werden. Allerdings werden auch die Einweg-Grills am Strand oder in Parks zumeist von Männern angeheizt. Der Grill ist ganz offensichtlich eine gute Bühne für männliche Kompetenz.
Ritual und Status
Grillen erlaubt es Männern, öffentlich zu „kochen“, ohne in die klassische Küchenrolle zu geraten. Es ist ein Event, bei dem Mann zeigen kann, was er kann – ohne dafür als „Hausmann“ abgestempelt zu werden.
Fleisch stärkt die Manneskraft!?
Fleisch wurde lange als kräftige und kräftigende Nahrung gesehen. Wenn das Fleisch knapp war, erhielt es der Mann des Hauses, der für die Existenz der Familie zu sorgen und schwer dafür zu arbeiten hatte, so die damalige Auffassung. Fleisch war das Symbol für Stärke und Männlichkeit. Gemüse? Das kam später und spielte auf dem Tisch der „normalen Leute“ keine spektakuläre Rolle, sondern musste satt machen, wenn und wo es kein Fleisch gab.
Was macht die Paprika da auf dem Grill?
Natürlich ist das alles Schnee von gestern. Oder? Fakt ist: immer mehr Frauen grillen – mit Freude und Kreativität, vielseitig und meistens durchweg professionell. Auch vegetarisches und veganes Grillen bricht alte Muster auf, Gemüse, Käse, Tofu & Co. lassen sich abwechslungsreich zubereiten. Ein Renner ist hier übrigens der Lion‘s Mane Pilz, ein schmackhafter Steakersatz. Auch die Vielfalt an Salaten, die heute das Grillbuffet zieren, geht längst über Mayonnaise-lastige Nudelsalate hinaus.
Noch ein Wort zum Fleisch
Ein buntes und gesundes Grillbuffet. Mit Fleisch, Gemüse und Salaten. Lecker!
Und noch ein Wort zum Fleisch: Billigfleisch vom Discounter ist nicht nur aus Tierschutzgründen ein No Go. Das mit einer Vielzahl von Medikamenten und Antibiotika regelrecht verseuchte Fleisch ist für uns Menschen nicht gesund und kann zu schweren Krankheiten führen. Wusstet ihr z.B., dass Antibiotikaresistenz durch Fleisch übertragen werden kann? Denn der massive Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung führt zur Entwicklung von resistenten Keimen, die dann über das Fleisch auf den Menschen übertragen werden.
Das bedeutet auf keinen Fall, dass ihr beim Grillen ganz auf Fleisch verzichten solltet. Es gibt inzwischen sogar in den Supermärkten „Bio“-Fleisch und auch regionale Fleischprodukte, die nicht aus Massentierhaltung stammen. Und wenn wegen des etwas höheren Preises etwas weniger davon auf dem Grill liegt, kann das leicht durch leckere Alternativen wettgemacht werden.
Das Argument, dass Grillen schädlich und krebserregend ist, weil bei zu hoher Hitze oder verbrannten Stellen polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) entstehen können, hat heute übrigens viel von seiner Schlagkraft verloren. Gemüse und mageres Fleisch können fettarm und nährstoffschonend gegart werden. Antihaft-Grillmatten oder Grillschalen verhindern, dass Fett in die Glut tropft und durch Fettbrand gefährliche Dämpfe entstehen.
Fröhliches Event oder Lärmbelästigung?
Grillen ist mehr als Essen.Grillen ist Feiern. Am besten so, dass alle Spaß haben.
Wenn die Abende hell und warm sind, bieten sie eine ideale Gelegenheit zum entspannten Treffen. Mit Freundinnen und Freunden, mit der Familie, mit der Nachbarschaft. Das ist gut fürs Social Bonding, entstresst, bringt Spaßmomente und kann sogar Konflikte lösen bzw. ihre Entstehung vermeiden.
Das klappt allerdings nur, wenn sich nicht nur die Partygäste, sondern auch die Menschen in der Umgebung rundum wohlfühlen. Besonders in dicht besiedelten Gebieten kann Grillen schnell ein Ärgernis werden, und es gibt eine ganze Reihe von Gerichtsurteilen zum Grillen auf Balkonen. Zur Sicherheit solltet Ihr beim Grillen wissen, was in Eurer Stadt und Eurem Ort erlaubt ist, und Hausordnungen und Lärmverordnungen einhalten.
Was eigentlich immer hilft: Die Nachbarschaft vorab informieren oder sie einfach mal mit einladen.
Feuer!
Und dann gibt es noch eine sehr dunkle Schattenseite des sommerlichen Grillvergnügens. Eine, die Menschen ihr ganzes Leben lang markieren kann, äußerlich und innerlich. Jedes Jahr kommt es zu dramatischen Grillunfällen, die vor allem Kinder und Jugendliche betreffen. In Deutschland erleiden jährlich rund 30.000 Kinder Verbrennung und Verbrühungen, die so schwer sind, dass sie ärztlich versorgt werden müssen.
Feuer ist schon. Feuer ist faszinierend. Feuer ist lebenswichtig. Aber es kann auch gefährlich sein.
Auch vermeintlich sichere Gas- oder Elektrogrills können bei falscher Handhabung gefährlich sein. Der unsachgemäße Einsatz von Spiritus oder ähnlichem kann lebensgefährlich enden.
ACHTUNG! Niemals flüssige Brandbeschleuniger wie Spiritus verwenden! Schon ein Funke kann zu lebensgefährlichen Verpuffungen führen – vor allem für Kinder im Umfeld.
Sicher grillen – diese Seiten helfen weiter
Ob Holzkohle, Gas oder Elektro – Grillen macht Spaß, birgt aber auch Risiken.
Hier gibt es wichtige Tipps rund ums sichere – und leckere – Grillen.
Paulinchen e.V. – Initiative für brandverletzte Kinder
Präventionstipps & Erste Hilfe bei Verbrennungen – besonders für Familien mit Kindern.
Berliner Feuerwehr – Grillen: Sicherheitsempfehlungen
Hinweise rund um Brandschutz, Gasanschlüsse, Abstandsregelungen und Notfallmaßnahmen
Grill-Wissen.de – Sicherheit beim Grillen
Checkliste zu Technik, Kleidung, Verhalten bei Wind und Gasgrills.
Kindersicherheit.de – 10 Tipps zum sicheren Grillen
Fokus auf Kinderschutz: Abstand, Absicherung und Aufsicht
HDI / versicherung.de – Sicher grillen mit Kindern (8 Tipps)
Besonderer Fokus auf Aufsichtspflicht, feste Grills und Vermeidung von Brandbeschleunigern
Das-Sichere-Haus.de – Kindersicher grillen
Tipps zur Glutentsorgung, Schutzvorkehrungen bei offenem Feuer
ABG-Net.de – Sieben gute Tipps für sicheres Grillen
Einschließlich Gas- & Elektrogrills, Rauchvermeidung, Reinigung und Prüfung von Anschlüssen