Schulschließung & Corona - Wie erleben arme Kinder diese Zeit?

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Corona stellt uns alle vor Heraus-forderungen

Besonders die Kinder, die zuhause wenig Unterstützung & Zuneigung erfahren: Sie müssen nicht nur verzichten, sondern auch früh Verantwortung übernehmen.

Corona & die bedürftigen Kinder

Alle Kinder leiden in der Corona-Krise. Aber einige von ihnen ganz besonders. Schon beim 1. Lockdown im April schlugen verschiedene Institutionen Alarm:

Vor allem für Kinder aus armen Familien verschlechterte sich die Lage zusehends. Kein Frühstück mehr, kein warmes Mittagessen, keine Nachmittagsbetreuung oder Hausaufgaben-Hilfe und kein Homeschooling.

Vgl. auch Brauchen Kinder ein warmes Mittagessen? Müssen Kinder täglich warm essen?

Und zum 2. Lockdown am Jahresende?

Hat sich fast nichts geändert. Bedürftige Kinder müssen das Nachsehen haben, ihre Situation ist mehr als prekär. Einige von ihnen werden das Klassenziel nicht erreichen und weiter in der Schule zurückfallen. Eine traurige Bilanz.

Lesen Sie auch: Corona & Kinder – Was die Krise mit der kindlichen Psyche macht

 

Nachgefragt:

Wie erleben bedürftige Kids die Schulschließungen?

Wir haben in unseren Schulen, mit denen wir unsere Mittagstische und Frühstücksklubs organisieren, nachgefragt. Wie geht es sozial schwachen Kindern, wenn die Schulen wieder schließen? Wie empfinden sie die Zeit zuhause in der Corona-Krise? Und was gefällt ihnen und was nicht?

Robin*, 9 Jahre alt, 3. Klasse in München:

„Corona nervt, aber die Masken finde ich lustig. Mama sagt, ihre Maske nervt. Außerdem darf ich mich nur noch ganz wenig mit Freunden treffen, das finde ich am allerschlimmsten.

In unserer Klasse haben wir immer gern gesungen. Aber das durften wir wegen Corona auch nicht mehr. Richtig blöd finde ich, dass wir die ganze Zeit zuhause bleiben müssen. Meine Eltern streiten sich dann öfter.“

Milana*, 7 Jahre alt, 1. Klasse in Straubing:

„Ich mag es nicht, dass ich so viel in der Schule verpasse. Zuhause haben wir keinen Computer oder ein iPad. Die anderen Kinder lernen mit ihren Eltern zuhause.

Bei uns daheim geht das nicht: meine Mama und mein Papa müssen ganz lange arbeiten. Darum guckt mein großer Bruder mit mir die Hausaufgaben an und hilft mir beim Üben. Toll finde ich, dass ich lange schlafen kann.“

Tom*, 8 Jahre alt, 2. Klasse in Berlin:

“Die Lehrer haben uns einen Lernplan gegeben. So muss ich die Aufgaben nicht so früh machen, sondern kann sie über den Tag verteilt lösen.

Manchmal mache ich sie aber nicht. Meine Eltern können die Schulsachen nicht gut erklären, das macht meine Lehrerin viel besser. Hoffentlich ist Corona bald vorbei!“

Yusuf, 6 Jahre alt, 1. Klasse in Frankfurt:

„Mit den Masken sehen Erwachsene komisch aus. Im Bus hab ich manchmal ein bisschen Angst. Aber die Maske hilft, damit andere Menschen gesund bleiben, sagen meine Eltern.“

Lukas*, 10 Jahre alt, 4. Klasse in Hamburg:

„Ich mag die Schule nicht so gern. Aber allein zuhause lernen ist langweilig, in der Klasse geht das besser. Was super ist: Zuhause dürfen wir viel Fernsehen und zur Zeit gibt es öfter mal Pizza, weil Mama keine Zeit zum Kochen hat.

Mich nervt, dass ich meine Freunde nicht treffen darf.“

Damian*, 9 Jahre alt, 4. Klasse in Hannover:

„Ich finde es toll, keine Schule zu haben. Und weil Mama arbeitet, bin ich allein zuhause. Ich darf lange schlafen. Jeden Morgen esse ich Cornflakes, die mir Mama auf den Küchentisch stellt, bevor sie zur Arbeit muss.

Und ich gucke heimlich ein bisschen Fernsehen, bis sie mittags wiederkommt. Dann bringt mir Mama etwas warmes zu essen mit, das sie von der Arbeit bekommt: Leckere Pommes und Burger. Die esse ich auch am liebsten.“

Selena, 7 Jahre alt, 1. Klasse in München:

„Wegen dem dummen Corona darf ich nicht mehr auf den Spielplatz. Mama sagt, da ist das Corona. Papa meint, wir sollten überhaupt nicht viel rausgehen, damit wir uns kein Corona einfangen.

Durch die neuen Klassengruppen seh’ ich meine Freunde gar nicht mehr in der Schule. Die neue Gruppe mag ich nicht, die ärgern mich immer.“

 

Warum sind die Corona-Maßnahmen für benachteiligte Kinder besonders belastend?

Bereits im Frühjahr wiesen mehrere Institutionen darauf hin, wie sehr sich Schul- und KITA-Schließungen gerade auf Kinder aus sozial benachteiligten Familien auswirken werden. Die Gründe dafür sind:


  • Kein Platz fürs Lernen (beengte Wohnverhältnisse)

Bedürftige Familien leben mit ihren Kindern oft auf kleinem Raum, weil sie sich eine größere Wohnung nicht leisten können. Die Kids haben kein eigenes Zimmer und keine Rückzugsmöglichkeiten, um in Ruhe zu lernen.


  • Kein Geld für Nachhilfe (niedriges Einkommen)

Betroffene Eltern haben kein Geld, um für Nachhilfe oder Online-Lernportale zu bezahlen. Die Kinder bauen dadurch ein Lerndefizite auf, das sie kaum nachholen können.

Hinzukommt: Auch Mittagsbetreuungen und Hausaufgaben-Hilfe fallen weg, solange Schulen und entsprechende Einrichtungen geschlossen sind.


  • Kein Homeschooling möglich (fehlende digitale Infrastruktur)

Computer, Laptop und iPad gibt es nur selten in einkommensschwachen und bedürftigen Familien. So zeigte sich bereits im ersten Jahresviertel 2019, dass viele bedürftige Kinder nicht am Homeschooling teilnehmen können, weil zuhause schlichtweg die Ausrüstung fehlt.


  • Höhere Belastungen durch Stress (Arbeitsplatzverlust, Kurzarbeit)

Im Durchschnitt trifft es Eltern mit geringem Bildungsabschluss härter auf dem Arbeitsmarkt. Sie erhalten keine Chance auf Homeoffice und müssen sich irgendwie organisieren oder haben gleich ihren Job durch die Corona-Krise verloren und müssen plötzlich mit Sozialhilfe über die Runden kommen. Ein existenzieller Stress, den auch die Kinder in der Familie zu spüren bekommen.

 

Tablet-Nachhilfe-Aktion unserer Kinderhilfe

Trotz des Digitalpakts des Bundes erreichen unsere Kinderhilfe immer noch dringende Bitten von Lehrern und Schulen. Es werden unbedingt Tablets für Nachhilfe und Homeschooling benötigt.

Auf die Geräte werden spezielle Lernprogramme installiert, die genau auf die betroffenen Schüler und ihre Lerndefizite zugeschnitten sind. Einen Teil konnten wir dank einiger Spenden finanzieren und an unser Münchner Partnerschulen übergeben. Allerdings gehen immer noch viel zu viele Schüler aus bedürftigen Familien leer aus. Wir sind für jede Unterstützung dankbar » hier können Sie mehr über die Corona-Nachhilfe-Aktion der Deutschen Lebensbrücke erfahren.

 

Quellen:

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Wenn Sie uns ein kleines Danke sagen wollen, dann unterstützen Sie gerne unsere Kinderhilfsprojekte der Deutschen Lebensbrücke mit einer kleinen Spende. Jeder Euro zählt. Herzlichen Dank!

1) AWO Bezirksverband Potsdam e.V. zur Situation arme Kinder in Deutschland (Bericht vom 17.12.2020 und vom 20.03.2020)
2) Deutsches Kinderhilfswerk
3) Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e. V.
* die Namen wurden zum Schutz der Kinder geändert

Tamara Niebler

Tamara ist studierte Philosophin (Mag. phil.) & freie Journalistin in München. Sie unterstützt unsere Redaktion mit jeder Menge Fachwissen und kritischen Denkanstößen. Tamaras Motto: „Wege entstehen dadurch, dass wir sie gehen“ (Franz Kafka)

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