Wie leben Kinder in Afrika-Liberia?
Liberia ist eines der ärmsten Länder der Welt. Langjährige wirtschaftliche und humanitäre Krisen prägen das Land. Ein jahrelanger Bürgerkrieg und die Jahre mit dem Ebolavirus haben dunkle Schatten geworfen.
Wie leben Kinder in Afrika-Liberia?
Der Kinderalltag in Afrika unterscheidet sich stark von dem in Europa. Kinder in Liberia müssen mit existentiellen Problemen und Herausforderungen kämpfen.
Wie leben Kinder in Liberia? Wir werfen einen kurzen Blick auf die Demographie und Geschichte des Landes.
Liberia - ein kleines Land mit großer Armut
Demografische Fakten
Liberia ist ein kleines tropisches Land an der westafrikanischen Elfenbeinküste. Ca. 4,5 Millionen Menschen leben auf 79.079 km2 Fläche. Das entspricht einem Drittel der Größe von Deutschland.
Liberia teilt Grenzen mit Sierra Leone, Guinea und der Elfenbeinküste. Die Küstenregion ist flach, das Hinterland hügelig. Einen großen Teil der Fläche nimmt der Regenwald ein. Nur Teile des Landes sind bewohnbar.
Die Bevölkerung setzt sich aus ca. 16% indigenen Volksgruppen zusammen. Davon
gehören 40% der Bevölkerung dem christlichen Glauben an
sind 20% Muslime
leben 40% die traditionelle Naturreligion oder sind religionslos
Insgesamt werden in Liberia über 20 Sprachen gesprochen. Die Amtssprache ist Englisch.
Liberias krisengeschüttelte Vergangenheit
Einst war Liberia ein aufstrebendes Land. Am 16. Juli 1847 unterzeichnete es die Unabhängigkeitserklärung. Seitdem stand es nicht nur dem Namen nach (engl. liberty) für Freiheit und Selbstverwirklichung.
Heute ist es gezeichnet von den Folgen gravierender wirtschaftlicher und humanitärer Krisen. Wie so oft, waren auch hier die Kinder die Leidtragenden.
Bürgerkriege
Liberia erlebte zwei grausame Bürgerkriege:
1989 bis 1996
1999 bis 2003
Mehr als 250.000 Menschen kamen um, fast eine Million Menschen wurde in die Nachbarländer vertrieben.
Viele Kinder wurden damals zu Halbwaisen oder Waisen. Mehr als 10.000 wurden als Kindersoldaten eingesetzt. Teilweise wurden sie entführt und dazu gezwungen. Teilweise wurde ihre Armut und Not ausgenutzt. Viele von ihnen sind heute noch stark traumatisiert.
Viele der heutigen wirtschaftlichen Probleme sind eine Auswirkung der Bürgerkriege. Damals sind die meisten Gebäude in Schutt und Asche gelegt worden. Das Stromnetz und die Infrastruktur sind völlig zerstört worden.
Ebola
Als es nach den Bürgerkriegen langsam aufwärts ging, kam 2014 Ebola. Niemand ahnte, dass das Virus sich so schnell ausbreiten würde.
Innerhalb von fast zwei Jahren starben in Liberia fast 5.000 Menschen daran. Darunter waren 179 Gesundheitsmitarbeiter, unter ihnen viele Ärzte.
Noch immer ist der Mangel an qualifiziertem medizinischen Personal in den Krankenhäusern spürbar. In Liberia dauert es bis zu 10 Jahre, um einen Arzt auszubilden. Es wird noch viele Jahre brauchen, bis die Folgen ausgeglichen sind.
Seit Mai 2015 ist Liberia offiziell Ebola-frei. Die Angst vor einem erneuten Ausbruch ist ständig da.
Liberias Wirtschaft ist schwach
2017 wurde der neue Präsident George Weah 2017 gewählt. Er gab den Liberianern viele Wahlversprechen. Unter anderem wollte er das marode Gesundheitssystem wiederaufbauen und das Justizsystem verbessern. Die Menschen hatten große Hoffnungen in ihn gesetzt - und wurden von den leeren Versprechungen enttäuscht.
Seit Weah’s Amtseinführung ist wenig passiert. Noch immer herrscht in Liberia Armut, Unsicherheit und Korruption. Noch immer ist die Infrastruktur in vielen Teilen des Landes mehr als mangelhaft.
Die Preise für Konsumgüter steigen an. Die Banken können kein Geld auszahlen, Gehälter bleiben aus. Die Menschen sind entmutigt, viele hoffnungslos.
In ländlichen Gebieten ist die Armut noch größer
Besonders in ländlichen Gegenden ist die Armut sehr hoch. Ein großer Teil der Bevölkerung hat nicht einmal Zugang zu sauberem Wasser.
Menschen in Liberia haben im weltweiten Vergleich eine sehr niedrige Lebenserwartung. Sie beträgt durchschnittlich 60,6 Jahre. Ca. 50% der Bevölkerung sind jünger als 19 Jahre.
Viele Liberianer drängen in die Hauptstadt Monrovia. Sie hoffen auf Arbeit und ein besseres Leben. Die Arbeitslosenquote des Landes ist erschreckend hoch:
Über 80% der Bevölkerung finden keinen Job.
41 Prozent leben unterhalb der Armutsgrenze - sie besitzen weniger als 1,90 Dollar pro Tag zum Leben.
Viele Liberianer haben nicht genug Geld, um Essen zu kaufen. Sie können ihre Kinder nicht versorgen - und oft nicht einmal in die Schule schicken. Vgl. auch Kinderarmut erkennen – subtile Anzeichen
Kinder im afrikanischen Liberia haben einen schweren Start
Die Kindersterblichkeit in den ersten Lebensjahren ist hoch
Liberias Gesundheitssystem ist marode. Die Krankenhäuser sind weit unter europäischem Standard. Für uns unvorstellbar, aber wahr: Viele Krankenhäuser in Liberia werden nicht einmal den ganzen Tag mit Strom versorgt. Sie betreiben ihren eigenen Stromgenerator.
Die Angst vor Ebola oder heute Corona hat die Menschen geprägt. Viele haben zudem kein Vertrauen in das liberianische Gesundheitssystem. Deshalb entscheiden sich viele schwangere Frauen dafür, ihr Kind nicht im Krankenhaus zu entbinden.
Es gibt nur wenige Kliniken in Liberia. Der Weg zum nächsten Krankenhaus ist oft nicht möglich. Die Infrastruktur des Landes ist mangelhaft, die Straßen sind voller Schlaglöcher, uneben und nicht ausgebaut.
Viele werdende Mütter haben die Wahl der Krankenhausgeburt nicht einmal: Sie haben keinen Zugang zum Gesundheitssystem und zu einer Klinik.
Schwierigkeiten für Kinder in Liberia beginnen deshalb bereits, bevor sie das Licht der Welt erblicken: Viele Kinder sterben vor oder während der Geburt (1.072 Tote pro 100.000 Geburten).
Oft sterben sie gemeinsam mit ihrer Mutter - noch während sie im Bauch sind.
Viele Babys sterben vor ihrem ersten Geburtstag. Mehr als ein Drittel aller Kinder, die vor Vollendung des 5. Lebensjahres sterben, leben nur bis kurz nach der Geburt.
Auch ältere Kinder sind gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt
Selbst wenn ein Kind die kritischen ersten Lebensjahre übersteht: Es ist noch lang nicht über den Berg. Es ist den Gefahren von Malaria, Lungenentzündung, Durchfall, Masern und AIDS hilflos ausgesetzt. Lungenentzündung und Durchfall zählen zu den häufigsten Todesursachen. Beides sind Krankheiten, die vermeidbar und gut behandelbar sind.
Viele Kinder in Afrika-Liberia sind mangelernährt
Viele liberianische Familien sind bettelarm. Den Eltern bleibt kaum genug Geld, um ihren Kindern Essen zu kaufen. Deshalb leiden 40% der liberianischen Kinder an Mangelernährung. Besonders häufig ist ein Vitamin- und Eisenmangel. Eines von fünf Kindern ist stark unterernährt und von Wachstumsstörungen betroffen.
Nur eins von vier Kindern hat überhaupt Zugang zu dem elementarsten und wichtigstem: Zu sauberem Trinkwasser.
Schule und Bildung in Afrika-Liberia
Ein Viertel der Kinder in Liberia werden bei der Geburt nicht registriert. Ohne Geburtsurkunde, Identität und Schutz haben sie keinen Zugang zur medizinischen Grundversorgung - und auch keinen Zugang zur Schule.
Schulpflicht gibt es - theoretisch
Nur ein Drittel aller liberianischen Kinder gehen in eine Vorschule. Fast 50 % aller Vorschulkinder sind zu Beginn bereits 6 Jahre alt. Viele Kinder starten die Grundschule erst im Alter zwischen 8 und 10 Jahren.
Offiziell sieht die Schulpflicht so aus:
kostenlose sechsjährige Grundschulpflicht ab dem 6. Lebensjahr
sechsjährige Sekundarschulpflicht, aufgeteilt in Junior- und Seniorschulzeit
Während des Bürgerkriegs verließen viele Lehrer das Land. Die Schulen wurden größtenteils zerstört.
Zwar werden die Schulen langsam wieder aufgebaut. Aber viele Kinder in Liberia gehen dennoch nicht zur Schule. Noch immer fehlen Schulplätze. Viele Eltern können sich das Schulgeld nicht leisten.
Selbst wenn die Schule kostenfrei ist (Public Schools), kommt das nächste Problem: Die Eltern können Unterrichtsmaterialien wie Stifte und Bücher, aber auch die Schuluniform nicht bezahlen.
Kinderarbeit und Kinderarmut in Afrika-Liberia
Viele Kinder in Liberia müssen ihren Eltern helfen - vor allem in der Landwirtschaft. Sie arbeiten auf Feldern oder Gummibaum-Plantagen.
Nach offiziellen Angaben arbeiten 14 % der Kinder. Mindestens die Hälfte von ihnen ist gefährlichen und unzumutbaren Bedingungen ausgesetzt. Einige Kinder verkaufen Waren auf der Straße. Andere schuften in Gold- oder Diamantminen oder in Steinbrüchen, die dann für den Hausbau genutzt werden.
Es gibt viele Straßenkinder in Liberia. Sie betteln und stehlen Müll, um zu überleben. Viele von ihnen haben einen oder beide Elternteile durch AIDS bzw. den Ebola-Ausbruch von 2014-2016 verloren.
Manche Kinder werden von Liberia nach Sierra Leone, Guinea, Nigeria oder in die Elfenbeinküste verkauft. Dort werden sie zur Sklavenarbeit gezwungen.
Sexuelle Belästigung von Mädchen und Jungen ist an der Tagesordnung, wird aber vor Gericht nicht bestraft. Viele betroffene Kinder haben Angst, von ihren Familien verstoßen zu werden. Deshalb erzählen sie ihren Eltern lieber nichts.
Einige von ihnen, besonders Mädchen, sind schon vor ihrem 15. Lebensjahr verheiratet.
Was spielen Kinder in Liberia?
Die Armut durchzieht das Leben der Kinder in Afrika-Liberia wie ein roter Faden. Die schwierigen Lebensbedingungen beeinflussen auch die Spielgewohnheiten der Kinder: Die meisten haben kaum oder gar keine Spielsachen.
Liberias Kinder sind kreativ
Die schöne Seite davon ist etwas, was europäische Kinder oft verlernt haben: Kreativität und Naturnähe. Kinder in Liberia haben auch ohne Konsumgüter Spaß – sie spielen mit dem, was sie finden.
Aus leeren Dosen werden Musikinstrumente gezaubert. Aus alten Plastikdeckeln werden Türme gebaut. Aus Kokosnussschalen entstehen fantasievolle Gebäude. Die Kinder toben ausgelassen herum. Sie erfinden mit kleinen Steinchen spannende Spiele. Sie denken sich tolle Geschichten aus.
Manchmal finden die Kinder unverhofft etwas Weggeworfenes am Wegesrand. Selbst die verbeultesten, alten Bälle sind willkommen. Sie dienen den begeisterten Jungen als Fußball und Basketball. Mädchen freuen sich über den überraschenden Glücksfund einer alten Puppe.
So helfen wir Kindern in Afrika-Liberia
Kinder in Liberia brauchen unsere Hilfe: Wir unterstützen die „Our Hope Medical Clinic“, eine kleine private Klinik am Stadtrand von Monrovia. Soe können wir die medizinische Versorgung verbessern. Beispielsweise haben wir der Klinik einen Krankenwagen finanziert. So können auch Risikogeburten oder medizinische Notfälle behandelt werden.
Arme Eltern und ihre Kinder können sich oft keinen Arztbesuch leisten. Sie erhalten hier kostenfrei eine medizinische Behandlung.
Das “FJM-Learning Center” ermöglicht eine gute schulische Ausbildung. Die Kinder werden erfolgreich für den liberianischen Arbeitsmarkt vorbereitet. Auch die traditionelle Kunst und Kultur kommen nicht zu kurz.
Unsere Vorstandsvorsitzende Petra Windisch de Lates besucht das FJM Learning Center in Monrovia regelmäßig. Sie bringt den Kindern immer viele aufregende Dinge mit: Beispielsweise ein Puzzle, Malstifte, Plüschtiere oder Bilderbücher ohne Worte. Die Kinder stürzen sich mit Begeisterung auf das in Liberia ebenso rare wie faszinierende Spielzeug.
Ausblick
Die Vergangenheit lastet noch immer schwer auf Liberias Schultern. Aber es gibt Licht am Ende des Tunnels. Das Wichtigste ist ein Zugang zu medizinischer Betreuung und Bildung. So können die Kinder Liberias dem Teufelskreis aus Armut und Fremdbestimmung entkommen.
Quellen:
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