Persönlichkeitsentwicklung bei Kindern – fördern & stärken

Wenn ein Kind langsam zur eigenständigen Persönlichkeit heranwächst, ist das eine aufregende Zeit. Doch bis sich das Selbst deines Kindes vollständig entwickelt hat und es weiß, wer es ist, benötigt es deine Unterstützung. Welcher Weg ist der Richtige? Damit dein Kind das herausfinden kann, braucht es viel Zeit, Liebe, Geduld, Verständnis und Raum zum Ausprobieren. 

Persönlichkeitsentwicklung bei Kindern

Wann beginnt die Persönlichkeitsentwicklung?

Schon Neugeborene zeigen erste Anzeichen von dem, was wir Erwachsenen einen individuellen Charakter nennen. In den ersten Lebensjahren spielen Eltern und andere Bezugspersonen eine entscheidende Rolle, denn sie bieten die emotionale Sicherheit und unterstützen die individuelle Entwicklung. Soziale Interaktionen mit Gleichaltrigen sowie erste Erfahrungen in Kindergarten und Schule sind ebenfalls Baustein der Persönlichkeitsentwicklung.

Genauso, wie die Ausprägung einer Persönlichkeit bereits mit der Geburt beginnt, genauso endet sie erst mit dem Tod eines Menschen. Schließlich formen sich durch kontinuierliche Erfahrungen und Lernprozesse persönliche Merkmale vom Kindesalter über das Erwachsenenalter hinweg bis hin ins hohe Alter. Der Entwicklungsprozess erstreckt sich also über die gesamte Lebensspanne eines Menschen. Vgl. auch 5 Entwicklungsbereiche bei Kindern

 

Die Reise zum eigenen Ich

Wahrscheinlich wissen Babys ab dem 7. bis 8. Lebensmonat bereits, dass sie auf der Erde nicht fremd, sondern zu Hause sind. Sie beginnen, sich als Teil eines „Wir“ zu sehen.  Doch auch, dass dieses „Wir“ aus einzelnen Teilen besteht. Mama ist zum Beispiel eine eigene Person und das Baby selbst auch. Diese Erkenntnis fühlt sich erst einmal unbekannt an. Und Unbekanntes macht uns Menschen Angst. 

  • Ist Mama noch da?

  • Geht Mama manchmal weg?

  • Kommt sie dann auch wieder?

  • Bin ich allein?

Babys müssen den Fragen auf den Grund gehen können und benötigen dafür Sicherheit. Nur so gelingt es, die anfängliche Angst zu besiegen. Anschließend kann sich die Explorationsfreude (Entdeckerlust) des Kindes freisetzen.

 

Faktoren der Identitätsentwicklung

Wie sich die Persönlichkeit eines Kindes entwickelt, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab:

  • Genetik: Stark ausgeprägte Merkmale der Eltern, wie das Temperament, können vererbt werden. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch. 

  • Erziehung: Umgang der Eltern mit dem Kind

  • Familiäres und soziales Umfeld: Geschwister und Freunde beeinflussen ebenso die Entwicklung der Persönlichkeit. Verhaltensmuster werden von den älteren Geschwistern abgeschaut. In der Pubertät lösen Freunde diese ab. 

  • Erfahrung: Erfahrungen, egal ob gut oder schlecht, prägen ein Leben lang. 

 

Identität vs. Persönlichkeit

Die frühe Kindheit beginnt bereits vor der Geburt und endet mit Ende des 2. Lebensjahres. In diesem Zeitraum ist die Beeinflussung der Eltern sehr hoch. Sie sind die engsten Bezugspersonen des Kindes. In diesem Zeitraum hat ein Kind noch keine ausgeprägte Persönlichkeit. Sein Verhalten ist fast ausschließlich von Nachahmung beeinflusst.

Daraus bildet ein Kind erste Verhaltensmuster, welche durchaus die weitere Persönlichkeitsentwicklung beeinflussen. Sind die Eltern beispielsweise häufig nervös und innerlich unruhig bzw. reagieren oft mit Hektik, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Kind später ebenso Schwierigkeiten damit hat, ruhig zu bleiben.

Welches Temperament das Baby in sich trägt, lässt sich bereits daran erkennen, ob es schnell zu beruhigen ist oder nicht. Entscheidend dafür, inwieweit sich das Verhalten festigt, ist, welche Reaktionen die Eltern darauf zeigen. 

Vom 2. bis zum 6. Lebensjahr, wird der Weg zu Persönlichkeit durch die Eltern und das Umfeld in der Kita stark beeinflusst. Ab dem 4. Lebensjahr zeigt sich die Persönlichkeit immer mehr. Das Kind bemerkt, wie das eigene Verhalten auf andere Menschen wirkt. Aus der Beurteilung dieses Verhaltens entwickelt sich das Selbstwertgefühl. » Selbstwertgefühl von Kindern stärken

Evtl. auch interessant für dich: Eingewöhnung Kita – Ablauf & Tipps

Vom 6. bis zum 12. Lebensjahr, nimmt die Beeinflussung von außen, in Form von noch mehr Personen, wie Mitschüler*innen und Lehrern*innen zu. An das Kind werden Leistungsforderungen gestellt und es lernt Schulatmosphäre und andere Aufgaben im Familienalltag kennen. 

Vgl. auch: Kind hat keine Freunde im Kindergarten – Ursachen & Tipps

 

„Trotzen“ als Baustein der Persönlichkeitsentwicklung

4 Strategien, wie du unterstützen kannst


Mache dir bewusst, dass dein Kind nicht „trotzt“, weil es dich ärgern möchte,

sondern überfordert mit seinen Gefühlen und Eindrücken ist. Hier ist es unterstützend für dein Kind, nicht mit Schreien, auf das Schreien zu reagieren, sondern leiser mit deinem Kind zu sprechen. Atme tief durch und gib deinem Kind Raum, um seine Wut zulassen zu dürfen. Dabei ist die Umgebung zweitrangig. 


Entwerfe dir einen Plan B

Setze mehr auf Kompromisse, um so Wutanfällen vorzubeugen. Lasse das Kind im Supermarkt den Joghurt aussuchen. Wenn es dort einen Einkaufswagen für Kinder gibt, teile den Einkaufszettel zu Beginn auf und lasse dein Kind entscheiden, welche Produkte es einkaufen möchte.

So darf es Verantwortung übernehmen, seine Selbstständigkeit (Autonomie) fördern und ist konzentriert. Es fühlt sich von dir ernst genommen und wertgeschätzt. 


Vermeide Überforderung, wenn dein Kind müde ist

Sind wir Menschen müde, ist unsere Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt und wir sind schnell gereizt.
Um einem Wutanfall vorzubeugen, ist es in diesem Fall besser, wenn man einfach macht, statt fragt. 


Nimm es gerne mal mit Humor

Nichts muss perfekt sein. Und was die anderen Menschen denken, ist nicht wichtig. Um deinem Kind das zu vermitteln und selbstbewusst heranzuwachsen, nimm manches mit Humor und lass es machen.
Zum Beispiel in Situationen, wie dem Anziehen.

Im Superheldenkostüm in die Kita? Mit Schwimmreifen zum Supermarkt, weil es regnet? Warum nicht?
Das Leben ist toll, wenn man manche Dinge mit Humor nimmt. 


 

Eine gute Persönlichkeit entsteht durch ein gutes Selbstkonzept

Um ein positives Selbstkonzept bei deinem Kind zu fördern, kannst du Folgendes tun:

  • Liebe nicht an Bedingungen knüpfen

  • Loben und bestärken, statt kritisieren und tadeln

  • Detaillierte Rückmeldung (vermeidet Unsicherheit)

  • Keine Abwertung

  • Vermittlung von Normen und Werten 

  • Bei Wut und Trauer liebevolle Begleitung, statt Bewertung

  • Stärken stärker machen:
    Reflektiere den Tag mit deinem Kind. Legt den Fokus darauf, was gut gelaufen ist, was dein Kind zum ersten Mal ausprobiert hat oder was ihr Neues entdeckt habt.

 

Alle Gefühle sind gut

Enttarne mögliche Mustersätze und tausche sie aus:

  • X „Du musst doch keine Angst haben!“

  • X „Das ist kein Grund, so wütend zu sein!“

  • X „Stell dich nicht so an! Da musste ich auch als Kind durch!“

  • X „Hör auf zu heulen, so schlimm ist das nicht!“

  • Alle Gefühle sind okay.

  • Alle Gefühle sind wichtig und richtig.

  • Jeder Mensch reagiert anders auf ein Gefühl.

  • Was steckt hinter dem Gefühl?


Quellen:

1) proKita-Verlag
2) kindergartenpaedagogik
3) Martin R. Textor: Die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen als Herausforderung an Familie und Schule (Das Kita-Handbuch online)

Svenja Gleffe – Redaktion Deutsche Lebensbrücke

Co-Autorin: Tamara Niebler, freie Journalistin und seit mehreren Jahren Teil des Redaktionsteams der Deutschen Lebensbrücke.

Svenja schreibt als ausgebildete Pädagogin über kindliche Entwicklung und unterstützt unsere Redaktion mit fundierten Fachtexten. Ihr Motto: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen!“ (Aristoteles)

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