Wackelzahnpubertät / 6-Jahres-Krise – Phasen der Angst & Wut
Im Alter zwischen 5 und 6 Jahren findet bei Kindern ein besonderer Entwicklungsschritt statt: in der 6-Jahres-Krise (Wackelzahnpubertät, Milchzahnpubertät) reift ein Kind vom Vorschulkind bzw. Kleinkind zum Schulkind heran. Eine immense Herausforderung für die Kleinen – sowohl kognitiv als auch emotional.
Die Wackelzahn- bzw. Milchzahnpubertät
Einer der ersten Schritte zu mehr Autonomie und Selbstständigkeit bei Kindern. Er findet im Alter zwischen 5 und 6 Jahren statt und zeugt von einer entscheidenden Umbruchphase.
Kindliche Umbruchphasen – himmelhochjauchzend & zu Tode betrübt
Am Ende des Vorschulalters kommt es zu einer Phase, die nicht nur für Eltern, sondern vor allem für Kinder mit jeder Menge Aufregung & Spannung verbunden ist. Der Schuleintritt steht quasi kurz bevor, was den Alltag und den Umgang der Erwachsenen mit dem Kind verändert.
Auch das Kind selbst macht einen großen Schritt in seiner Entwicklung – sowohl auf geistiger als auch körperlicher Ebene. Darum wird diese Phase auch oft als Wackelzahn- oder Milchzahnpubertät bezeichnet. Daneben hat sich der Begriff 6-Jahres-Krise etabliert, denn betroffene Kinder befinden sich wirklich in einer Art Krise.
Erzieher und Eltern fordern nun mehr Selbstständigkeit, was bei Kindern zur Überforderung führen kann. Sie fühlen den plötzlichen Leistungsdruck und die Erwartungen, die mit dem Schuleintritt einhergehen. Zudem ändert sich das Umfeld radikal: Im gewohnten Alltag des Kindergartens zählte das Kind bereits zu den Großen, doch mit Eintritt in die Grundschule gehört es wieder zu den Kleinsten.
6-Jahres-Krise, Wackelzahnpubertät oder Milchzahnpubertät
Das Heranreifen vom Kleinkind zum Schulkind bringt allein optisch schon große Veränderungen mit sich. Doch auch auf emotionaler und psychischer Ebene zeigen sich Entwicklungsschübe, die nicht zu unterschätzen sind:
Kinder im Alter zwischen 5 und 6 Jahren werden größer, Proportionen & Körpergefühl verändern sich
die ersten Milchzähne wackeln und schmerzen
das Umfeld des Kindes wechselt vom Kindergarten zur Grundschule mitsamt neuen Aufgaben und Herausforderungen
das Gefühlsleben nimmt rasant an Fahrt auf: Trotz, Wutanfälle und Ängstlichkeit können zunehmen.
das Bedürfnis nach Selbstständigkeit steigt, während gleichzeitig der Wunsch nach Halt und Hilfe signalisiert wird
Vgl. auch: 6 Entwicklungsstufen nach Piaget, Freud & Co.
Vgl. Die 5 Entwicklungsbereiche von Kindern – Ein Überblick
Ursachen der 6-Jahres-Krise
Wie kommt es zur Wackelzahnpubertät?
„Ich bin doch kein Baby mehr!“ – Ein Satz, der typisch für die 6-Jahres-Krise ist. An diesem Beispiel wird ersichtlich, wie genau die Kinder selbst ihre körperlichen und psychischen Veränderungen wahrnehmen. Ihr Selbstbild wandelt sich und damit auch der Wunsch nach Eigenständigkeit.
Gleichzeitig ist der Verlust der Milchzähne rein psychisch eine Belastung. Die Zähne als Teil des Selbstbildes fallen aus, was bei einigen Kindern zunächst einmal Ängste hervorruft. Hinzu kommt die Einschulung – ein Tag, dem die Erwachsenen aufgeregt entgegen fiebern. Ihre Aufregung kann sich gegenüber dem Kind unterbewusst in einem Erwartungsdruck niederschlagen, der sich auf das Kleine überträgt.
Der Schritt zu mehr Selbstständigkeit ist immer mit Konflikten verbunden, insbesondere in Auseinandersetzung mit Mutter und Vater. Das ist völlig normal und typisch, denn nur so können sich Kinder zu kleinen Persönlichkeiten entwickeln, zunehmend reifen und Kompetenzen erlernen.
Wackelzahnpubertät Anzeichen – Symptome der 6-Jahres-Krise
körperliche Veränderungen und Wachstum (neue Proportionen)
die ersten Milchzähne fallen aus (Zahnwechsel)
deutliche Stimmungsschwankungen
plötzliche Wutanfälle
Gereiztheit, Launenhaftigkeit, Stimmungsschwankungen
häufige bedrückte oder traurige Stimmung
Kind fordert ein, eigene Entscheidungen zu treffen, will aber auch häufiger Hilfe erhalten
gehäufte Schlafstörungen, Alpträume
Dauer der Milchzahnpubertät
Körperliches und psychisches Wachstum ist individuell, so auch in der Wackelzahnpubertät. Wie lange die 6-Jahres-Krise anhält, unterscheidet sich von Kind zu Kind. Experten gehen davon aus, dass diese Phase spätestens zum 9. Lebensjahr endet. In einigen Fällen kann sie sich aber auch bis zum 11. Lebensjahr ziehen.
Was ein Kind in der 6-Jahres-Krise (Wackelzahnpubertät) braucht
Gewöhnung an körperliche Veränderungen
Innerhalb der 6-Jahres-Krise kommt es neben dem Ausfall der Milchzähne zu weitreichenden Veränderungen der Körperproportionen. Muskeln wachsen, der Körper streckt sich in die Länge, alles spielt verrückt – das stellt auch neue Herausforderungen an die Koordination und das Körpergefühl. Aus diesem Grund ist Bewegung bzw. Sport im Kindesalter so wichtig. So lernen die Kinder, sich schnell in ihren veränderten Körper einzufühlen. » Bewegungserziehung
Trost & Ermutigung bei Ängsten & Alpträumen
Gemeinsam mit dem Körper reift auch die Persönlichkeit eines Kindes heran. Die Emotionsfähigkeit differenziert sich mit zunehmenden Alter weiter aus. Nicht selten kommt es so zu Kinderängsten.
So vieles verändert sich: Abschied vom Kindergarten, Ablösung von der vertrauten Umgebung mitsamt Bezugspersonen, Trennung von Freunden aus dem Kindergarten, neue Kinder und Bezugspersonen (Lehrer) in der Schule.
Vgl. auch: Kind hat keine Freunde im Kindergarten – Ursachen & Tipps
Das alles erzeugt verständlicherweise Angst und Anspannung. Daher ist es nicht ungewöhnlich, dass Kinder sich in diesem Alter vermehrt an ihre Eltern klammern, um Schutz und Geborgenheit zu finden. Andere haben vorwiegend mit Alpträumen zu kämpfen, in denen die Ängste und Unsicherheiten verarbeitet werden.
In jedem Fall gilt: die kindlichen Ängste ernst nehmen, zuhören, Trost und Ermutigung schenken.
Ruhe bewahren bei kindlichen Stimmungsschwankungen, Wut- und Weinanfällen
Fast jedes Kind in der 6-Jahres-Krise legt eine Reizbarkeit an den Tag, die Eltern zur Weißglut bringen kann. Das ist der körperlichen und kognitiven Umstellung im kindlichen Körper geschuldet: die Konzentrationsfähigkeit leidet, es genügt nur eine Kleinigkeit, um das Kind abzulenken. Gleichzeitig ändert das Kind gefühlt von einer Sekunde auf die andere seine Meinung oder seine Laune.
Vgl. Konzentrationsübungen für Kinder – spielend die Aufmerksamkeit trainieren + Konzentration bei Kindern fördern (7 Übungen)
Fühlt sich ein Kind in der Milchzahnpubertät zurückgesetzt oder eingeschränkt, reagiert es meinst mit heftigen Wutanfällen, die es so zuvor noch nicht gab. Es hat das Bedürfnis, sich abzugrenzen und seinen eigenen Weg zu gehen. Nicht selbst entscheiden zu dürfen oder etwas alleine noch nicht zu schaffen ruft oft wütenden Frust hervor, den sie mit knallenden Türen, zornigem Geschrei oder frechen Antworten zum Ausdruck bringen. Andere Kinder reagieren wiederum mit Angst und Verzweiflung, weinen viel und verhalten sich sehr unsicher.
In diesen Fällen müssen Eltern Ruhe bewahren und cool bleiben. In der Regel ist der Ärger nämlich genauso schnell verpufft, wie er aufkam.
Feste Strukturen und Regeln geben Halt
Konflikte sind in der 6-Jahres-Krise vorprogrammiert. Am häufigsten kommt es zu Problemen, weil keine sicheren Strukturen im Alltag des Kindes vorhanden sind. Doch Kinder benötigen klare Grenzen und Regeln, das gibt ihnen letztendlich Sicherheit und einen gewohnten Rahmen vor, innerhalb dessen sie sich entwickeln können.
Vgl. Grenzen setzen bei Kindern – Kind hört nicht und provoziert
Dafür braucht es jedoch neben Regeln auch viel Freizeit in der Tagesstruktur, in der Kinder ihren Interessen nachgehen können und eine erholsame Pause von äußerlichen Anforderungen (Schule, Familie etc.) erhalten.
Fazit: Wackelzahnpubertät ist ein notwendiger Entwicklungsschritt
Die Wackelzahnpubertät oder 6-Jahres-Krise ist eine natürliche Phase der kindlichen Entwicklung, die tiefgreifende Veränderungen sowohl auf körperlicher als auch auf emotionaler Ebene mit sich bringt. Kinder müssen lernen, mit neuen Herausforderungen umzugehen, die nicht nur ihre Selbstwahrnehmung betreffen, sondern auch ihre soziale Rolle.
Eltern und Erzieher spielen eine entscheidende Rolle in dieser Phase: Durch Empathie, klare Strukturen und ein sensibles Eingehen auf die Bedürfnisse der Kinder können sie dazu beitragen, dass diese Zeit nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Chance für persönliches Wachstum darstellt.
Quellen:
1) Michaela Brehm: Wackelzahnpubertät: Krisen-Zeit im Vorschulalter (Hallo:Eltern)
2) G. Haug-Schnabel und J. Bensel: Die Welt verstehen wollen. Das Kind von sechs bis zehn Jahren, In: kindergarten heute 1999, Jg. 29, Heft 9, S. 22-28
3) Staatsinstitut für Frühpädagogik: Feinfühligkeit von Eltern und ErzieherInnen – Beziehungen mit Kindern im Alter von 3 bis 6 Jahren gestalten
4) Vera Rosenauer: Die 6- Jahres-Krise (Eltern-Bildung)