Grenzen setzen bei Kindern – Kind hört nicht & provoziert
Kinder brauchen Grenzen, keine Frage. Doch wie setzt man Grenzen bei Kindern richtig? Tatsächlich ist es fast schon eine Kunst, Grenzen zu setzen – aber mit Empathie und Verständnis. Die richtige Balance zu finden, ist eine Herausforderung, aber entscheidend für die individuelle Entwicklung der Kinder. Vgl. Die 5 Entwicklungsbereiche von Kindern (Überblick)
Was tun, wenn das Kind nicht hört?
Und wieder passiert es. Dein Kind fragt dich etwas, du sagst „Nein“ und dein Kind versteht „Ja“? Oder dein Kind tut etwas, du machst deine Grenze deutlich und dein Kind akzeptiert sie nicht? Aber warum ist das so? Die Antwort auf diese Frage ist gleichzeitig der Schlüssel zu der Tür, durch die du gehen musst, damit dein Kind lernt, Grenzen zu akzeptieren.
Eltern auf der ganzen Welt sind mit der fortdauernden Herausforderung konfrontiert, auf das Verhalten ihrer Kinder zu reagieren, besonders in den Momenten, in denen ihre kleinen Lieblinge scheinbar auf Durchzug schalten. Das Kind hört nicht – ein Satz, der in Familien allzu bekannt klingt.
Wenn Kinder nicht hören und vielleicht sogar provozieren, kann dies viele Ursachen haben: Sie testen ihre Grenzen aus bzw. stellen deine Grenzen auf die Probe, sind von der Situation überfordert, oder es ist ein Ausdruck ihres Wunsches nach Unabhängigkeit.
Vgl. auch Familienregeln im Alltag + Beispiele
Vgl. auch: Was ist Erziehung? – Bedeutung, Ziele & Aufgaben
7 Fehler, wenn das Kind keine Grenzen kennt
Kindern Grenzen zu vermitteln ist nicht einfach, häufig unterlaufen uns dabei Fehler. Diese scheinen zwar klein, sind jedoch häufig entscheidend dafür, ob eine Grenze vom Kind akzeptiert wird oder nicht.
1) Du kommuniziert eine Grenze ohne Hintergrund
Eine Grenze zu setzen, ist einfach. Stellst du dir jedoch vorher auch folgende Fragen:
Wo liegt meine Grenze in der jeweiligen Situation?
Wozu dient die Grenze?
Dient die Grenze als Schutz für eine Person oder etwas?
Schützt du damit deine Werte?
Hast du keine Lust auf das was da kommt, wenn du die Grenze nicht setzt?
Je klarer du dir über das „Warum“ bist, umso authentischer setzt du die Grenze für dein Kind.
2) Du setzt dem Kind Grenzen, erklärst aber nicht warum
Häufig werden Grenzen gezogen, zu denen das Kind keine kind – und altersgerechte Erklärung bekommt. Häufig werden Kinder mit den Sätzen: „Weil ich das sage“ oder „Weil ich das als Kind auch nicht durfte“, ruhig gestellt. Doch eine Grenze sollte nachvollziehbar sein.
3) Du vermittelst Grenzen nicht klar
Hier wird versucht, dem Kind die eigene Grenze indirekt „unterzujubeln“. Ein Beispiel: „Findest du nicht, dass du heute schon genug Schokolade gegessen hast?“ Lieber so: „Für heute ist es genug Schokolade. Wir packen sie jetzt weg. Dann haben wir am Wochenende auch noch unsere Freude daran.“
Vgl. auch Familienregeln im Alltag + Beispiele
4) Du setzt dem Kind zu spät Grenzen
Häufig wird die Grenze erst gesetzt, wenn sie bei der Person, welche die Grenze ausspricht, schon längst überschritten ist. Daher werden Grenzsetzungen oft mit Wut untermauert ausgesprochen.
5) Grenzsetzung auf Hochspannung
Manchmal kommt es vor, dass Grenzen unter Hochspannung mitgeteilt werden, indem sie direkt mit negativen Emotionen beladen werden. Ein Beispiel: „Wenn du noch einmal mit Essen schmeißt, werde ich richtig sauer.“ Hier wird dem Kind schon ein indirekter Vorwurf gemacht, bzw. es wird für das eigene Wohlbefinden verantwortlich gemacht. Daher sollte die Grenze lieber so kommuniziert werden:
„Ich möchte, dass das Essen auf dem Tisch bleibt. Essen ist sehr wertvoll. Wenn es aber auf dem dreckigen Boden landet, können wir es nicht mehr essen.“
Du missachtest die Grenzen des Kindes
Ein Kind ist ein selbstständig denkendes Individuum, mit eigenen Bedürfnissen, Wünschen und auch Grenzen. Diese müssen nicht mit denen der Eltern übereinstimmen. Und hier liegt meist schon der Fehler. Wie soll das Kind die Grenze der Eltern wahren, wenn die Eltern doch Vorbilder sind und immer die Grenze des Kindes missachten! Auch das schaut sich ein Kind ab. Mama oder Papa nehmen meine Grenze nicht wahr. Dann muss ich das auch nicht tun.
Richtig Grenzen setzen bei Kindern
– Grenzenlos in Balance
Zu viele Grenzen engen Kinder ein und machen erst recht ängstlich. Wenn du versuchst, dein Kind vor allem zu schützen, wird es unsicher. Für das spätere Leben kann das bedeuten, dass es unselbstständig ist, einen immensen Freiheitsdrang oder eine Angststörung entwickelt.
Für eine gesunde Balance ist es wichtig, dass du nur dann Grenzen setzt, wenn sie notwendig sind. Erkläre diese deinem Kind altersgemäß. Achte auch die Grenzen deines Kindes, dann achtet es auch deine eigenen. Wichtig ist auch, dass du deinem Kind genug Freiraum gibst, um die Welt zu erkunden, Fehler zu machen, Misserfolg zu haben, sich zu entwickeln, eigene Interessen zu entdecken und Erfahrungen zu machen.
Am wichtigsten aber ist, dass du Grenzen mit Liebe setzt. Dass dein Kind nicht bis über beide Ohren strahlt, sobald du eine Grenze setzt, ist normal. Zuerst wird es dir erst einmal mit Frust und Unzufriedenheit begegnen.
Aber, wem geht es nicht so, wenn er eine Grenze gesetzt bekommt?
-
Grenzen ermöglichen uns, in einem sozialen Miteinander zu leben. Sie geben uns Menschen Orientierung und Sicherheit. Grenzen bieten uns Schutz. Mögliche Grenzen lassen sich in unterschiedliche Kategorien einteilen:
Körperliche Grenzen: Hier geht um die individuelle Grenze, die ein Mensch bei Berührungen hat. Zu körperlichen Grenzen zählt auch die Schmerz – und Leistungsgrenze.
Emotionale Grenzen: Dazu zählen zum Beispiel die seelische Belastungsgrenze, Wunden und auch verletzendes Verhalten. Zeitliche und finanzielle Grenzen
Soziale Grenzen
Natürliche Grenzen: Hier geht es darum zu akzeptieren, dass es Dinge gibt, die kein Mensch auf der Welt tun kann, wie z.B. einen Berg von einem Platz zum anderen schieben etc..
Verhandelbare und nicht verhandelbare Grenzen: Zu den nicht verhandelbaren Grenzen gehört alles, was die Sicherheit oder das Wohl von etwas oder jemandem gefährdet, wenn die entsprechende Grenze nicht gewahrt wird.
Notwendige Grenzen: Hier müssen Grenzen gezogen werden, um den Respekt oder den Schutz von jemandem aufrecht zu erhalten.
Grenzen können also auf unterschiedlichen Ebenen gesetzt werden und sind auch notwendig. Jedoch kommt es auch darauf an, wie diese Grenzen gesetzt werden.
7 Tipps: So zeigst du einem Kind liebevoll Grenzen auf
Die Menge macht´s
Achte darauf, nicht zu viele Grenzen zu setzen, bzw. dein Kind nicht damit zu überhäufen. Wenn das passiert, dann ist es für dein Kind schon normal und es wird deine Grenzen nicht mehr ernst nehmen, da du es ja ständig tust.
Natürliche Konsequenzen zulassen
Überwinde selbst deinen Drang dazu, durch Grenzen setzen, dein Kind vor allem bewahren zu können. Das kannst du nicht und es ist auch nicht gesund. Manchmal muss die Erfahrung zur Grenze gemacht werden.
Ein Beispiel: Du warnst dein Kind ständig davor, nicht mit dem Stuhl zu kippeln, da es sich sonst weh tun kann. Dein Kind hört zwar deine Warnung oder Grenze, kann diese jedoch nicht einordnen oder ernst nehmen, da es noch kein Gefühl dazu hat.
Was passiert also? Es kippelt weiter mit dem Stuhl und zwar solange, bis es eine Tages mit dem Stuhl umfällt. Dein Kind hat jetzt ein Gefühl zu deiner Grenze. Und du kannst davon ausgehen, dass es jetzt auf dich hört und mit dem Kippeln aufhört, sobald du das nächste Mal deine Grenze aussprichst.
Keine Belohnung
Die Einhaltung von Grenzen soll für dein Kind normal sein. Das kann und wird es nicht, wenn es dafür ständig belohnt wird. Irgendwann wird es auch nur Grenzen achten, weil es weiß, dass danach etwas Schönes folgt. Schwierig wird es im späteren Leben, wenn dein Kind als Erwachsener regelrecht eine Belohnung von anderen Menschen dafür fordert, dass es eine Grenze eingehalten hat.
Versuche zu verstehen
Manchmal kommst du dir vor, wie ein kaputtes Radio, indem du deinem Kind unzählige Male das Gleiche sagst oder die gleiche Grenze aufzeigst? Und jedes Mal ist dein Kind gefrustet und schreit herum? Das ist normal. Denn es versucht sich selbst zu regulieren und lernt Grenzen zu achten. Dafür muss es zuerst einmal gefrustet und verzweifelt sein.
Damit sich die Situation schneller entspannt, versuch mal das:
- Zeig Verständnis für die Gefühle deines Kindes
- Rege dich selbst nicht auf und reguliere deinen Frust
- Zeig deinem Kind einen Ausweg aus seiner Frust – und Wutspirale
(In ein Kissen schlagen etc.)
Du bist Vorbild
Dein Kind orientiert sich zu jeder Zeit an dir und beobachtet dein Verhalten. Sei dir darüber bewusst. So schaut es auch dabei zu, wie du mit anderen Menschen kommunizierst und auch, ob du die Grenzen deines Kindes und auch die von anderen Menschen einhältst.
Grenzen brauchen Liebe
Setze Grenzen mit Liebe und beachte dafür die Tipps. Gehe auch mal Kompromisse mit deinem Kind ein, um ihm zu zeigen, dass seine Grenzen genauso wichtig sind, wie deine.
Grenzen glasklar
Grenzen sollten immer klar formuliert werden und nicht schwammig. Außerdem sollte auch das Aussprechen der Grenze nicht zögerlich und unsicher klingen. Werden Grenzen nämlich so kommuniziert, merkt dies das Kind und kann dich nicht ernst nehmen, weil du es ja selbst nicht tust und authentisch bist.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass du Grenzen nicht negativ formulierst.
Ein Beispiel: Nicht so: „Iss nicht mit den Fingern.“
Lieber so: „Nimm zum Essen bitte die Gabel.“
Grenzen zu lernen, ist für Kinder ein Prozess
Achte während einer Grenzsetzung darauf, dass das Kind und du Augenkontakt haltet. Widme dem Grenzen setzen dann auch die nötige Aufmerksamkeit. Das wirkt authentischer, als wenn du nebenbei noch drei andere Sachen erledigst. Bedanke dich bei deinem Kind dafür, wenn es deine Grenze gewahrt hat.
Wichtig ist, dass du Geduld für diesen Prozess hast. Mit deinem Kind, aber auch mit dir. Denn dein Kind muss erst lernen, im sozialen Miteinander zu leben und sich zurechtzufinden. Kinder unter dem 7. – 8. Lebensjahr, können dies noch gar nicht allein.
Im Laufe der Entwicklung deines Kindes, wird er auch vorkommen, dass eine Grenzeinhaltung eine Zeit lang kein Problem war, aber auf einmal wieder alles von vorn beginnt. Auch das ist normal und tritt meistens auf, wenn sich dein Kind in einem Entwicklungsschub befindet.
Grenzen bei der Grenzsetzung
Was, wenn du selbst an deine Grenzen stößt?
Mach dir bewusst, dass dein Kind dich nicht absichtlich provozieren will. Durch die Grenzüberschreitungen möchte sich dein Kind austesten und herausfinden, wie das Leben funktioniert. Reflektiere dein Verhalten beim Grenzen setzen.
Setzt du vielleicht zu viele Grenzen?
Überfordern die Grenzen dein Kind vielleicht, weil diese nicht zum Alter oder Entwicklungsstand deines Kindes passen und es diese vielleicht gar nicht erfüllen kann?
Mach dir auch Gedanken darüber, welche Gefühle du zeigst, wenn du eine Grenze kommunizierst?
Bist du auch gefrustet oder lässt du deiner Enttäuschung freien Lauf?
Fazit: Grenzen setzen bei Kindern
Kinder brauchen liebevoll gesetzte, authentische Grenzen, ohne sie einzuengen oder ihnen ihre Selbstbestimmung und Freiheit abzusprechen. Auch das „Wie“ ist entscheidend. Wie sollen Grenzen am besten kommuniziert werden? Und nicht zu vergessen: Dein Kind hat auch Grenzen. Es ist ein selbstdenkendes, eigenständiges Individuum. Wenn jedoch all die zuvor angeführten Tipps keinen Erfolg erzielen und sich das Verhalten deines Kindes evtl. sogar verschlimmert, wie z. B. sich aggressives Verhalten zeigt, dann können auch andere Ursachen dahinterstecken. Hier solltest du dann Hilfe in Form von einem Beratungsgespräch wahrnehmen und auch mit dem Arzt/ der Ärztin deines Vertrauens darüber sprechen.
Quellen: