Rassismus in der Schule – Ein Spiegel unserer Gesellschaft

Rassismus in der Schule ist in Deutschland weit verbreitet. Das Phänomen Rassismus geht weit darüber hinaus, für Namen oder Hautfarbe beleidigt zu werden. Mindestens ebenso schwerwiegend sind die subtilen Herabsetzungen und Benachteiligungen im Schulalltag und der Bewertung. 

Rassismus in der Schule

Rassismus im Bildungswesen

Schüler und Schülerinnen aus anderen Kulturen oder mit einer anderen Hautfarbe, erhalten oft schlechtere Noten in der Schule.

 

Deutsche Schulen kämpfen gegen Rassismus

Leider ist rassistisch motivierte Benachteiligung nicht nur eine Frage des guten Willens. Oft sind Vorurteile über andere Kulturen so tief in unserer Gesellschaft verwurzelt, dass wir nicht einmal bemerken, wie diskriminierend wir zu anderen sind. 

So bekommen viele Menschen in Deutschland einen direkten, unverblümten Rassismus im Alltag zu spüren. Darunter fallen aber nicht nur Beleidigungen, Übergriffe und Gewalttaten, sondern auch versteckte Formen.

Ergebnisse aus dem Afrozensus (2020) der Antidiskriminierungsstelle zeigen, dass noch extreme Missstände an Schulen bestehen: 

 
Rassismus in der Schule in Deutschland
  • fast 3/4 der Befragten gibt an, aufgrund rassistischer Vorurteile schlechtere Noten erhalten zu haben.

  • Mehr als 50 % der Befragten berichtet, dass ihnen aufgrund von rassistischen Tendenzen abgeraten wurde, einen höheren Bildungsweg einzuschlagen. 

  • Schüler und Schülerinnen mit Migrationshintergrund müssen im Schulalltag Gewalt und Beleidigungen über sich ergehen lassen.

  • » Rassismus unter Kindern – Erklärungen & Tipps

 

Formen von Rassismus an Schulen

Beispiele für schulischen Rassismus

  • Es existieren viele Formen von Rassismus an Schulen. Eine besonders schädliche sind unscheinbare Mikro-Aggressionen.

  • Beispiele für Mikro-Aggressionen: verächtliche Blicke, ausgrenzendes Verhalten, Abwertung, aggressive Sprache unter Mitschülern.

  • Studien beweisen: Lehrkräfte tendieren bei Diktaten dazu, Kinder mit fremd klingenden Namen schlechter zu bewerten.

  • Auch aufs Gymnasium schaffen es weniger Kinder mit Migrationshintergrund – trotz gleichwertiger Leistung.

vgl. auch: Bildungsbenachteiligung von Kindern mit MigrationshintergrundBildungsexpansion: mehr Bildung ist nicht die Lösung – Klassismus in Deutschland: der Kampf gegen Arme statt gegen Armut.

 

Benachteiligung in der Kindheit hat schwerwiegende Folgen für das ganze Leben

Experten betonen, wie sehr diese Erfahrungen von Abwertung und Ausgrenzung das spätere Leben eines Kindes beeinflussen können.

Sie „können“ aber nicht nur negativ beeinflussen, sie tun es nachweislich auch: Auffällig ist die hohe Anzahl an (körperlichen und psychischen) Krankheiten, die sich vermehrt bei Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status finden.

Vgl. gesundheitliche Ungleichheit & Armut

 

Warum gibt es Rassismus?

Rassismus als Ordnungsprinzip

Für eine demokratische Gesellschaft wie Deutschland ist der Umgang mit Rassismus von fundamentaler Relevanz.

Denn es geht darum, welches Menschenbild wir leben und ob darin eine Vorstellung von Chancengleichheit und Gleichberechtigung keimt, die Potenziale ermöglicht anstatt verwehrt. 

Vgl. auch: Das Bild vom Kind – Was bedeutet Kind-sein?

Rassismus hat jedenfalls wenig mit einem humanistischen Menschenbild zu tun, sondern mit einer Ideologie, die sich aus biologistischen, überholten Vorurteilen speist.

 

Der Begriff Rasse wurde früher in der Biologie benutzt, um Tiere zu kategorisieren. Das allerdings mit Blick auf Nutz- und Haustiere (Rinder, Pferde, Schafe, Katzen, Hunde).

 
Rassismus als Ordnungsprinzip

Ein zentraler Gedanke war in diesem Zusammenhang die Züchtung, um erwünschte Eigenschaften zu fördern (Kraft, Größe, Fleischgeschmack, Ausdauer).

Das ist auch der Grund, warum wir zwar von Katzenrassen sprechen, aber nicht von Schlangen-Rassen oder Elefanten-Rassen.

Schon in der frühen Menschheitsgeschichte, doch vor allem im Nationalsozialismus wurde dieses Prinzip dann auf den Menschen übertragen.

Mit fatalen Folgen, wie wir alle wissen. Das aber nicht nur aus Überzeugung, sondern zu reinen Machtzwecken.

 

Helle Haut & dunkle Haut – keine Haut gleicht der anderen

Wie kommt es überhaupt, dass Menschen unterschiedliche Hautfarben haben? Und was sagt das aus?

Im Grunde gar nichts, denn die Pigmentierung der Haut, wie wir sie heute kennen, ist schlicht und ergreifend evolutionär bedingt. 

Wie auch bei Pflanzen oder Tieren wird das äußere Erscheinungsbild eines Menschen von Umwelteinflüssen moduliert. Oft sind diese Veränderungen aber erst in den nachfolgenden Generationen zu bemerken. So kommt es, dass unsere Haut in den diversesten Nuancen existiert. Genau genommen, gleicht keine Haut zu 100 % der anderen. 

Aus diesem Grund macht es auch überhaupt keinen Sinn, Menschen in weiß, gelb, schwarz oder rot einzuteilen. Diese Hautfarben existieren so nämlich gar nicht.

Stattdessen gibt es weltweit die unterschiedlichsten Schattierungen und nicht einmal innerhalb ein und derselben Population ließe sich eine der 4 verbreiteten Hautfarben als dominant ausmachen.

 
Rassismus als Machtinstrument

Rassismus ist ein Machtinstrument

Bei Rassismus (in der Schule) geht es letztendlich um ein Machtverhältnis, das nicht auf den Einzelnen bezogen ist, sondern ganze Gruppen.

Die rassistische Einordnung von Über- und Unterklassen spricht dabei eine deutliche Sprache. 

 

„Die Funktionsweise des Rassismus besteht darin, dass bestimmten äußerlichen Erscheinungen oder genetischen Eigenschaften von Menschen Bedeutungen zugeschrieben werden, aus denen ein System von Kategorisierungen entsteht.

Den so kategorisierten Menschen werden damit zusätzliche, negativ bewertete Eigenschaften zugeordnet.

Menschen, die auf diese Art und Weise markiert werden, sind gefährdet, weil ihr körperliches „Anderssein“, häufig verbunden mit sozialen und kulturellen Zuschreibungen, ausreicht, sie aus der Mehrheitsgesellschaft auszuschließen.“

(Rassismusforscher Robert Miles, 1991)

 

Besonders schwerwiegend ist der strukturelle Rassismus innerhalb unseres Sprachgebrauchs. Dazu zählen nicht nur diskriminierende Wörter, sondern auch stereotype Darstellungen in Medien und Schulbüchern.

Hinzu kommt ein linguistischer Rassismus: Kinder, die Französisch, Englisch oder Deutsch können, werden für kompetenter gehalten als Kinder, die Türkisch, Armenisch oder Kroatisch sprechen.

 

Rassismus bei Kindern und Jugendlichen

Kinder legen nicht von Geburt an rassistische Überzeugungen an den Tag, sondern erlernen sie. Dabei ist zu bedenken, dass Kinder weit mehr mitbekommen und verstehen, als viele Erwachsene glauben.

Werden Menschen mit anderer Hautfarbe in Trickfilmen in einem bestimmten Licht dargestellt oder in bestimmten Kontexten behandelt, die irgendwie negativ konnotiert sind, dann geht das an einem Kind nicht spurlos vorbei. 

Das gleiche gilt für unbedachte, negative Äußerungen im nahen Umfeld: schimpft der Onkel bei der Familienfeier wieder über die „Flüchtlinge“, dann hat das ähnliche Effekte. Zumindest dann, wenn Vorurteile in der Familie nicht näher thematisiert werden. 

Vgl. Entwicklungstrauma

 

Erschreckend sind auch Praxisstudien in Kindergärten: Bereits mit 3 – 4 Jahren zeigen Kindern im Rollenspiel,

  • dass Männer mehr Macht haben als Frauen,

  • wie jemand aussieht, der Macht hat,

  • und wie jemand sich benimmt und aussieht, der keine hat. 

» Mehr erfahren: Kinderarmut: Bildung bietet keinen Schutz

 

Die Lehrerschaft – ein Spiegel unserer Gesellschaft

Einer der vielen Gründe, weshalb es Rassismus in Schulen überhaupt gibt, sind die Lehrkräfte. Die meisten kennen sich mit Migration nicht aus und nur wenige schaffen es, sensibel gegenüber Kindern mit derartigen Geschichten zu sein. Außerdem:

  • Lehrer und Lehrerinnen mit Migrationsgeschichte gibt es extrem selten.

  • Lehrerinnen und Lehrer sind vor allem weiß, christlich und deutsch.

  • Doch in Großstädten (wie Berlin oder Stuttgart) bringen rund 40 % der Schüler & Schülerinnen einen Migrationshintergrund mit

 
Rassismus Spiegel der Gesellschaft

Die Lösung für diese Missstände liegt aber nicht allein darin, mehr Menschen aus einem fremdsprachigen Elternhaus den Lehrberuf zu ermöglichen.

Sicher ist das ein notwendiger Baustein für mehr Toleranz an Schulen und unter der Schülerschaft. Doch nicht der einzige, notwendige Baustein.

Noch viel wichtiger ist der Schritt, dass sich Lehrkräfte ein Bewusstsein für Rassismus erarbeiten und eigene Vorurteile reflektieren.

 

Sich gegen Rassismus in Schulen zu engagieren bedeutet, dass alle Lehrer und Lehrerinnen als geschlossene Gemeinschaft sensibel und kritisch auf rassistische Strukturen reagieren. 

 

Fazit: Rassismus in Schulen

Eigentlich möchte kein Mensch rassistisch sein. Und die meisten Menschen in Deutschland denken auch, dass Rassismus in ihrem Leben überhaupt kein Thema ist. Leider ist es nicht ganz so einfach, wie entsprechende Studien immer wieder zeigen. 

Die gute Absicht allein reicht nicht aus.

Tatsächlich braucht es eine aktive Rassismus-Kritik, um für diese unterbewussten Mechanismen zu sensibilisieren und die Reproduktion rassistischer Tendenzen zu stoppen.

Konkret bedeutet das: 

  1. sich für strukturell benachteiligte Personen stark machen, vor allem für Kinder & Jugendliche

  2. beim Miterleben von Rassismus, diesen erkennen

  3. und aktiv dagegen vorgehen (Gegenrede, Handlungen)


Quellen:

1) Antidsikriminierungsstelle des Bundes (PDF)
2) Daniel Gyamerah: Hintergrundpapier zum Parallelbericht an den UN Antirassismusausschuss. Der schulische Erfolg Schwarzer Schülerinnen und Schüler in Deutschland – Eine rassismuskritische Analyse des Mikrozensus
3) Schule ohne Rassismus. Schule mit Courage
4) Bundeszentrale für politische Bildung: Alltäglicher Rassismus
5) Nationaler Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (DeZIM): Rassismus in der Schule

Tamara Niebler

Tamara ist studierte Philosophin (Mag. phil.) & freie Journalistin in München. Sie unterstützt unsere Redaktion mit jeder Menge Fachwissen und kritischen Denkanstößen. Tamaras Motto: „Wege entstehen dadurch, dass wir sie gehen“ (Franz Kafka)

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