Absolute Armut – Jeder 10. Mensch auf der Welt von Armut betroffen
Absolute Armut zeigt sich in extremer Bedürftigkeit und handfesten Mängeln an überlebensnotwendigen Gütern. Dabei fehlt es Betroffenen an existenziellen Dingen wie Nahrung, Medizin und Wohnraum. Doch neben den materiellen Aspekten spielen auch soziale Faktoren eine Rolle innerhalb der absoluten Armut.
Arm und ausgegrenzt
Absolute Armut beinhaltet den Kampf ums nackte Überleben. Daher wird sie auch oft als existenzielle Armut bezeichnet.
Doch wo gibt es noch absolute Armut?
Was ist absolute Armut? – Bedeutung & Zahlen
Armut in jeglicher Form ist bereits seit Jahrzehnten ein Thema. Nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit. Zwar engagieren sich Staaten, Organisationen und Vereine seit den 1990er Jahren auf internationaler Ebene gegen Armut, dennoch sind die Zahlen gestiegen.
Laut neueren Untersuchungen hat sich in der Folge der Corona-Pandemie die weltweite Armut extrem verschärft: im Jahr 2020 stieg die globale Armutsquote auf 9,5 % an – und das zum ersten Mal innerhalb der letzten 30 Jahre.
Sieht man sich nur die Prozentzahl an, wirkt diese vielleicht klein, doch anders sieht es aus, wenn man sich konkretere Angaben vor Augen führt:
So betont die Entwicklungsorganisation „Oxfam“ (3), dass im Jahr 2022 zusätzlich 250 Millionen Menschen ins Armutsmilieu rutschen könnten.
Schon jetzt sei die Hälfte der ganzen Weltbevölkerung, also rund 3,3 Milliarden Menschen, von existenzieller Armut betroffen.
Zum Vergleich: die Weltbank spricht „nur“ von 700 Millionen Betroffenen, bedient sich aber auch einer sehr dürftigen Armutsdefinition.
Die Bekämpfung von weltweiter Armut ist daher zu Recht eine der größten Herausforderungen in unserer modernen Gesellschaft.
Und sie ist eine der wichtigsten Aufgaben innerhalb der Politik – sowohl international als auch in Deutschland.
Definition von Armut
Generell bezeichnet existenzielle Armut das grundlegende Problem, die eigenen menschlichen Grundbedürfnisse für das physische Überleben nicht erfüllen zu können.
Dazu zählen folgende Armutsmerkmale:
Unverfügbarkeit von ausreichend Nahrung (Hunger)
keine gesunden und sicheren Lebensmittel sowie Trinkwasser (Durst)
mangelhafte bis gar keine Gesundheitsversorgung (Medizin)
schlechte oder kaum Bildung
keine ausreichende Bekleidung (warme Sachen im Winter, leichte Kleidung im Sommer, Schuhe etc.)
keine Möglichkeit, die eigenen Rechte auszuüben bzw. zu verteidigen
fehlende finanzielle und soziale Sicherheit (vgl. Soziale Armut)
keine fair entlohnte Arbeit
menschenunwürdige Lebensverhältnisse
Vgl. auch Was ist Armut? (Philosophie) – Und warum ist sie ein Problem?
Vgl. auch: Fakten zu Kinderarmut 2023 – Überblick & zentrale Erkenntnisse sowie Kinderarmut in Deutschland
Armut ist keine Eigenschaft, aber eine gefährliche Struktur, in der viele Menschen gefangen sind
Bei Armut handelt es sich eigentlich um einen dynamischen Prozess: oft sind es schwere familiäre Probleme, wie Krankheit oder Tod, und äußere Krisen, wie Krieg, Naturkatastrophen oder Wirtschaftskrisen, weshalb Menschen in die Armut geraten und sich nicht mehr aus dem Teufelskreis der Armut befreien können.
Armut wird allerdings auch vererbt. Oft sind es ganze Familien-Generationen, die in Armut aufwachsen und Zeit ihres Lebens mit den schwerwiegenden Armutsfolgen leben müssen. (Vgl. Arme Kinder, arme Familien – warum arme Kinder arm bleiben)
Was bedeutet absolute Armut?
Die Grenze zur absoluten Armut richtet sich in den meisten Fällen nach der Definition der Weltbank: Demnach sind Menschen extrem arm, wenn ihnen nur 1,90 Dollar am Tag zur Verfügung stehen.
Diese Art von materieller Armutsdefinition steht allerdings unter starker Kritik, da sie sehr einseitig ausgerichtet ist (vgl. Kinderarmut Statistiken – Mediale Armutsberichte in der Kritik)
Denn neben den materiellen Ressourcen, sind auch sozioökonomische Faktoren, Bildung, Gesundheitsversorgung und angemessener Wohnraum relevant.
Diese Begriffe klingen aber noch viel zu abstrakt, um zu begreifen, was absolute, existenzielle Armut wirklich bedeutet.
Im Grunde definiert sich Armut als Leben am äußersten Rand der Gesellschaft und auf niedrigstem Existenzniveau.
Verbunden mit permanenter Entbehrung, verwahrlosten Zuständen und entwürdigenden Lebensverhältnissen.
Wo herrscht absolute Armut? – Länder-Ranking
Top 10 der ärmsten Länder
Indien
Kongo
Nigeria
Äthiopien
Bangladesch
China
Tansania
Indonesien
Madagaskar
Mosambik
Top 11 - 20 der ärmsten Länder nach Reihenfolge
Uganda
Kenia
Pakistan
Malawi
Sambia
Brasilien
Niger
Südafrika
Philippinen
Burkina Faso (in Westafrika)
Der Unterschied zwischen relativer und absoluter Armut
In der Armutsforschung wird zwischen absoluter Armut und relativer Armut unterschieden. Lebt eine Person am oder unter dem Existenzminimum, ist von absoluter, extremer, existenzieller oder physischer Armut die Rede.
Betroffene können ihren Hunger nicht stillen und ihren Nährstoffbedarf nicht decken. Auch die ausreichende Menge an sauberem Trinkwasser ist nicht gegeben.
Menschen in Armut erhalten keine angemessene medizinische Versorgung, sie besitzen ein stark erhöhtes Krankheitsrisiko und leiden auch häufig an (mehreren) Krankheiten.
Absolut arme Personen haben wenig Zugang zu Bildung und damit auch schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Beruflich sind sie sehr eingeschränkt und landen häufig in schlecht bezahlten Jobs mit hoher Arbeitsbelastung.
Betroffene haben so gut wie keine oder nur sehr stark eingeschränkte Möglichkeiten, Einfluss auf ihr Leben zu nehmen oder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Die relative Armut beschreibt dagegen immer ein materielles Verhältnis. Nämlich dasjenige zum jeweiligen Wohlstandsstandard des Landes.
Relativ arm ist, wessen Einkommen offensichtlich unter dem durchschnittlichen Einkommensstatus liegt und sich so kaum am sozioökonomischen und gesellschaftlichen Leben beteiligen kann.
Gibt es absolute Armut in Deutschland?
Vielfach betonen Medien und Politik, dass absolute Armut in Deutschland nicht mehr existiere, da der Sozialstaat sämtliche Grundbedürfnisse im Notfall erfülle.
Andererseits kritisieren unabhängige Experten, dass sich zu viele Lücken im Sozialnetz finden, weswegen Betroffene regelmäßig und in großer Zahl durch das Raster fallen und keine Hilfsangebote erhalten.
So soll zum Beispiel Hartz IV die wichtigsten Lebenserhaltungskosten decken, hilft vielen jedoch nicht aus der Armutsspirale heraus. Dennoch gibt es auch in Deutschland extreme Armut, auch wenn sie heute weniger ersichtlich und präsent ist.
Absolut arm in Deutschland sind zum Beispiel:
Obdachlose
Suchterkrankte
oft auch Menschen mit chronischen Erkrankungen
häufig Menschen mit Migrationshintergrund
viele Langzeitarbeitslose
Existenzsicherheit verändert Eltern
Finanzielle Mittel helfen gegen Familien- und Kinderarmut. Das ist durch viele Studien belegt. Vorausgesetzt, den Menschen wird nicht vorgeschrieben, was sie brauchen und kaufen dürfen – Geld hilft gegen Armut
Fazit: absolute Armut
Die Ursachen von Armut sind äußerst vielfältig und mehrdimensional. Die Kinderhilfe Deutsche Lebensbrücke setzt sich daher dafür ein, die Absicherung von Existenzen neu und vor allem menschenwürdig zu denken.
Es genügt nicht, sozial benachteiligte Menschen monatlich mit einem bestimmten Geldbetrag zu unterstützen, der nicht einmal an die realen Bedürfnisse angepasst ist.
Auch soziale Teilhabe, Zukunftsperspektiven, Möglichkeiten der Selbstbestimmung, menschliche Wertschätzung und Gleichberechtigung müssen von Politik und Sozialwesen in die Förderung einfließen.
Soziale Hilfsangebote, wie die Tafeln, sind da nur ein Tropfen auf dem heißen Stein und können eine gerechte Sozialpolitik nicht ersetzen.
Quellen:
1) Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)
2) Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
3) Oxfam Media Briefing: First Crisis, then catastrophe (12. April 2022)