Die 10 wichtigsten Kinderrechte – Warum Kinderrechte wichtig sind
Kinder haben Rechte – sowohl bei uns in Deutschland als auch weltweit. Zum großen Ärger vieler Kinderhilfsorganisationen und Institutionen wurden die Kinderrechte 2021 nicht ins Grundgesetz aufgenommen. Aber welche Kinderrechte gibt es überhaupt? Inwiefern sind sie für den Staat bindend? Und wie läuft es mit der Umsetzung von Kinderrechten hierzulande? Ein Überblick.
10 Kinderrechte, die jeder kennen sollte
Die Rechte von Kindern sind Menschenrechte, welche die Würde & das Wohl von Kindern bewahren. Doch wie läuft es mit der Umsetzung?
Seit wann gibt es Kinderrechte?
Tatsächlich ist das 20. Jahrhundert die bisher wichtigste Epoche in der kurzen Geschichte der Kinderrechte. Die Zeiten zuvor standen für Frauen und Kinder unter einem schlechten Stern. Jedenfalls wurden Kinder vor 1833 als Besitz ihrer Eltern angesehen. Erst 1896 wurden in Deutschland Strafen eingeführt für Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung / Verwahrlosung.
Als Pionierin auf dem Gebiet der Kinderrechte gilt die Britin Eglantyne Jebb, Begründerin des Save the Children Fund. Sie setzte die Children´s Charter auf, auch als Genfer Erklärung bekannt. Die Charta wurde zwar am 24. September 1924 von der Generalversammlung des Völkerbundes verabschiedet, besaß aber keine Rechtsverbindlichkeit. 1946 verlor sie dann ihre Grundlage.
Und es sollte noch Jahre dauern, bis sich erneut etwas in Sachen Kinderrechte tat. 1972 wurde schließlich das Internationale Jahr des Kindes ausgerufen. Es blieb allerdings noch viel zu tun.
Erst am 20. November 1989 wurde die UN-Kinder-rechtskonvention angenommen und von allen Staat der Welt unterzeichnet.
In Deutschland traten die Kinderrechte 1992 in Kraft.
Allerdings noch nicht für alle: Kinder mit Migrationshintergrund wurden aufgrund des sogenannten „Ausländervorbehalts“ davon ausgeschlossen. Erst im Jahr 2010 nahm die Bundesregierung diese Einschränkung zurück und sprach ausnahmslos allen Kindern, die sich in Deutschland aufhalten, die Kinderrechte zu.
Was sind Kinderrechte?
Wenn wir von Kinderrechten sprechen, sind Standards zum Schutz von Kindern gemeint, die international geregelt sind. Dabei handelt es sich aber nicht um ein einklagbares Recht, wie wir es von Grund- und Menschenrechten kennen.
Wird ein Kinderrecht verletzt, müssen sich Eltern durch kommunale, regionale und staatliche Gesetze berufen sowie verschiedene Instanzen durchlaufen.
In 3 Gesetzen werden bisher die Interessen von Kindern vertreten:
Jugendschutzgesetz
Kinder- und Jugendhilfegesetz
Bürgerliches Gesetzbuch
Warum brauchen Kinder Rechte?
Menschenrechte und Grundgesetze sprechen über Kinder anstatt für Kinder. Auf den Punkt gebracht: Kinder gelten nicht als Subjekt von Rechten, sondern als „Regelungsgegenstand“ der Norm. Außerdem werden einige Kinderrechte lasch umgesetzt, wie zum Beispiel das Förder- und Mitspracherecht von Kindern.
Kinder haben zudem spezielle Grundbedürfnisse, die sich von erwachsenen Personen stark unterscheiden. Auch darum ist es wichtig, dass Kinderrechte festgelegt werden, um den spezifischen Lebensbedingungen der Kinder und Jugendlichen gerecht zu werden.
Was jetzt nur noch fehlt ist die rechtliche Verpflichtung zur Einhaltung der Kinderrechte bzw. einer angemessenen Umsetzung.
Die 10 wichtigsten Kinderrechte
– Liste mit Erklärung –
1) Recht auf Gleichheit
(Artikel 2)
Alle Kinder haben die gleichen Rechte, keines darf benachteiligt oder ausgegrenzt werden.
2) Recht auf Gesundheit
(Artikel 24)
Kinder haben ein Recht darauf, gesund zu leben, Geborgenheit zu erfahren und keine Not durchleben zu müssen.
3) Recht auf Bildung
(Artikel 28)
Das Kinderrecht auf Bildungsmöglichkeiten ist wichtig. Kinder dürfen lernen und eine Ausbildung absolvieren, welche ihren Fähigkeiten entspricht und ihren Bedürfnissen Rechnung trägt.
» Mehr erfahren: Kinderarmut: Bildung bietet keinen Schutz
4) Recht auf Spiel & Freizeit
(Artikel 31)
Kinder haben einen Rechtsanspruch auf Spielen, Erholung und kreative Betätigung.
5) Recht auf freie Meinungsäußerung und Beteiligung
(Artikel 12 & 13)
Auch Kinder haben das Recht, ihre Meinung frei zu äußern und mitzubestimmen, wenn es um sie selbst geht.
6) Recht auf Schutz vor Gewalt
(Artikel 19, 32 und 34)
Kinder müssen vor Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung geschützt werden. Sie haben ein Recht auf diesen Schutz durch Erwachsene und Staat.
7) Recht auf Zugang zu Medien & Co.
(Artikel 17)
Kinder haben das Recht auf Informationsbeschaffung über die Medien. Sie haben auch das Recht, ihre eigene Meinung über Medien zu verbreiten.
8) Recht auf Schutz der Privatsphäre und Würde
(Artikel 16)
Kinder haben das Recht auf eine geschützte Privatsphäre und die Wahrung ihrer Würde.
9) Recht auf Schutz im Krieg und auf der Flucht
(Artikel 22 und 38)
Kinder haben das Recht auf einen besonderen Schutz in Kriegs- und Flucht-Situationen.
10) Recht auf besondere Fürsorge und Förderung bei Behinderung
(Artikel 23)
Behinderte Kinder haben ein Recht auf spezielle Fürsorge und intensive Förderung, damit sie sich aktiv am Leben beteiligen können.
Kinderrechte stärken
Aktionen der Deutschen Lebensbrücke
Natürlich genügt es nicht, Kinderrechte zu formulieren und dann zu hoffen, jeder würde sich an sie halten. Es obliegt viel mehr jedem einzelnen Land und jedem Erwachsenen selbst, sich für Kinderrechte stark zu machen und ihre Einhaltung zu fordern. Wie so oft, ist das allerdings nicht so einfach.
Im Folgenden finden Sie 3 Beispiele für die mangelhafte Umsetzung von Kinderrechten in Deutschland & auf der Welt.
1) Gleichbehandlung ist keine Selbstverständlichkeit – weder weltweit noch in Deutschland
In Afrika und Ost-Europa sterben jedes Jahr sehr viele Kinder an der Not. Sie haben nicht genug zu essen, leiden an schweren Krankheiten oder erhalten keinen Schulunterricht. Das können wir ändern, indem wir Hilfsaktionen zur Aufklärung, Schuldbildung und medizinischen Versorgung unterstützen.
Mehr erfahren: Kinderarmut weltweit
An sozialer Ungleichheit verzweifeln auch Kinder aus armen Familien in Deutschland. Sie haben Kleidung und ein Zuhause, werden jedoch in vielen Bereichen benachteiligt – allem voran bei der Bildung, dem wichtigsten Mittel, um sich ein unabhängiges Leben als Erwachsener aufbauen zu können.
Mehr erfahren: Gegen Kinderarmut in Deutschland
2) Gesundheit können sich oft nur die Reichen leisten – selbst hierzulande
Das Kinderrecht auf Gesundheit ist existenziell. Gerade in Entwicklungsländern wie Afrika sind Infektionskrankheiten wie Hepatitis und Tuberkulose auf dem Vormarsch. Viele arme Kinder in Afrika sind durch Malaria infiziert und erhalten keine regelmäßige Medizin dagegen. Oft besteht nicht einmal der Zugang zu sauberem Trinkwasser. Vor allem ist in Afrika medizinische Hilfe etwas, was sich nur die wenigsten leisten können. >> Mehr erfahren: Medizinische Hilfe für Liberia
Nicht anders verhält es sich in Russland, wo unzählige Straßenkinder und Leukämie-Kinder leben >> Mehr erfahren: Russlands vergessene Kinder. In Deutschland ist eine gute medizinische Grundversorgung zwar gegeben, doch Familien mit kranken Kindern sind oft doppelt & dreifach belastet. So passiert es, dass viele Kosten von den Krankenkassen nicht übernommen werden und die betroffenen Eltern in die Armut abrutschen, weil sie alles aus eigener Tasche stemmen müssen. >> Mehr erfahren: Besondere Kinder – das Projekt
3) Schutz vor Ausbeutung & Gewalt – das geht besser!
In Ost-Europa und südlichen Ländern wie Afrika ist Kinderarbeit an der Tagesordnung. Meist sind die Familien so arm, dass ihre Kinder arbeiten müssen, um der Familie beim Überleben zu helfen. Zeit oder Kraft für eine Schulausbildung bleibt da nicht. Und damit auch kein Ausweg aus dem Teufelskreis der Armut.
Insbesondere Mädchen in Afrika sind von Ausbeutung und Missbrauch bedroht. Sie zählen weniger als Jungs, müssen sich oftmals prostituieren und in vielerlei Hinsicht das Nachsehen haben. Umso wichtiger ist es, sich für Kinder in Afrika und ihre Schuldbildung stark zu machen. >> Mehr erfahren: Afrika-Schulprojekt gegen Kinderarmut
Wer prüft die Einhaltung von Kinderrechten in Deutschland?
Es gibt hier keine staatliche Instanz, die auf die Einhaltung der Kinderrechte achtet. Viel mehr sind es viele gemeinnützige Institutionen, die immer wieder auf Verstöße, Ungerechtigkeiten und Fehler hinweisen.
Deutschland und alle anderen Mitgliedsländer der Kinderrechtskonvention müssen in regelmäßigen Abständen Berichte an den Kinderrechtsausschuss in Genf weiterleiten, die zeigen, wie es mit der Umsetzung und Einhaltung von Kinderrechten im eigenen Land aussieht.
Außerdem gibt es seit 2015 eine zentrale Monitoring Stelle in Deutschland, welche die Umsetzung von deutschen Kinderrechten überwacht. Weitere Informationen über den aktuellen Bericht erhalten Sie auf der Seite Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland.
Der Ausschuss hat jedoch keine rechtsprechende Macht. Er kann bei Verletzungen gegen Kinderrechte nur ermahnen und rügen, aber nicht eingreifen oder irgendwie sanktionieren.
Warum müssen Kinderrechte ins Grundgesetz?
Wie oben bereits erwähnt, finden sich im Deutschen Grundgesetz keine spezifischen Kinderrechte. Werden die Rechte von Kindern deutlich und unmissverständlich im Grundgesetz wiedergegeben, dann stärkt das die Rechtsposition von Kindern erheblich. Werden ihre Grundrechte missachtet, kann man eine Verfassungsbeschwerde einlegen.
Das Aktionsbündnis Kinderrechte möchte folgendes als Artikel 2a im Grundgesetz verankern:
„(1) Jedes Kind hat das Recht auf Förderung seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten zur bestmöglichen Entfaltung seiner Persönlichkeit.
(2) Die staatliche Gemeinschaft achtet, schützt und fördert die Rechte des Kindes. Sie unterstützt die Eltern bei ihrem Erziehungsauftrag. Vgl. auch: Was ist Erziehung?
(3) Jedes Kind hat das Recht auf Beteiligung in Angelegenheiten, die es betreffen. Seine Meinung ist entsprechend seinem Alter und seiner Entwicklung in angemessener Weise zu berücksichtigen.
(4) Dem Kindeswohl kommt bei allem staatlichen Handeln, das die Rechte und Interessen von Kindern berührt, vorrangige Bedeutung zu.“ (Vgl. auch Kindeswohlgefährdung in Deutschland)
Fazit: Die 10 wichtigsten Kinderrechte
Wir haben in der Corona-Krise gesehen, wie wenig Verständnis für Kinderrechte vorhanden ist. Kinder und Jugendliche waren überall die Leidtragenden. Sie mussten ganz besonders viel verzichten. Auch das Infektionsschutzgesetz berücksichtigt Kinder & Jugendliche nicht wirklich.
Wären Kinderrechte im Grundgesetz verankert gewesen, hätte die Politik nicht über sie hinweggehen können. Hoffen wir, dass bald ein neuer Einigungsversuch der Parteien stattfindet und diesmal wirklich zum Wohl des Kindes entschieden wird.
Quellen:
1) Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung: Die 10 wichtigsten Kinderrechte kurz vorgestellt
2) Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Kinderrechte
3) Bundeszentrale für politische Bildung: 30 Jahre UN-Kinderrechtskonvention
4) Aktionsbündnis Kinderrechte
5) Deutschlandfunk: Kinderrechte im Grundgesetz – Was sich für Eltern und Kinder ändern würde
6) Dissens – Institut für Bildung und Forschung e.V.: 5 wichtige Punkte zum Thema Kinderrechte
7) Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention (National Coalition Deutschland)
8) Deutscher Bundestag: Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz debattiert
9) Kinderkommission des Deutschen Bundestages: Wie werden Kinderrechte in Deutschland umgesetzt? Die Kinderkommission nimmt Stellung
10) ProNATs e.V.: Kinderrechte in Deutschland
11) DW Redaktion: Kinderrechte im Grundgesetz? Doch nicht ...
12) Kai Küstner: Kinderrechte im Grundgesetz – Enttäuschung und viele Vorwürfe
13) Destatis - Statistisches Bundesamt: Internationaler Tag der Kinderrechte: Fakten zur Situation in Deutschland (Pressemitteilung Nr. N010 vom 19.11.2019)