Trennen oder bleiben? Wenn Eltern die Liebe verlieren

Wenn die Liebe geht…

Wenn Eltern vor der Trennung stehen, hat das große Auswirkungen auf das Kind. Welche Gründe gibt es für Eltern, um sich zu trennen? Und welche gibt es, doch nochmal einen Neustart zu wagen?

Trennen oder bleiben - was ist besser?

 

Die Entscheidung kann schwer sein

In jeder Beziehung gibt es gute und schlechte Phasen. Manchmal empfindet man gewisse Eigenschaften des Partners als störend.

Dann wieder sieht man die Gründe, warum man sich damals für diese Person entschied. Im Idealfall bleibt das plus und das minus in einer Balance.

Im Laufe einer Beziehung kann dieses Gleichgewicht aber kippen. Plötzlich erscheint der Partner in einem anderen Licht. Die Gefühle erkalten. Die Liebe ist weg.

Dann stehen Paare vor der Frage, ob sie zusammenbleiben sollen oder sich trennen.

Die Entscheidung wird um einiges schwerer, wenn es in der Beziehung Kinder gibt. Wenn die Eltern ständig streiten, leidet das Kind. Oft sind zudem die Verletzungen so groß, dass scheinbar nur die Trennung bleibt.

Kinder brauchen aber beide, Mama und Papa. Soll man als Eltern also zusammenbleiben oder sich trennen? An der Entscheidung hängt sehr viel.

Die folgenden Gedanken können die Entscheidung beeinflussen. Wichtig ist, dass die Kinder keinen Schaden davontragen.

 

Wenn die Eltern zusammenbleiben

Wenn die Eltern bleiben, bringt das für die Familie einige Vorteile. Dafür muss die Familie gewillt sein, verantwortungsbewusst an den Problemen zu arbeiten.

 

Wirtschaftlich

Bei einer Trennung steigen die Lebenshaltungskosten. Plötzlich muss der Vater Unterhalt zahlen. Eine zweite Wohnung wird notwendig.

Es ist allgemein bekannt, dass alleinerziehende Mütter armutsgefährdet sind. Bei einer Trennung müsste sie mehr arbeiten. Es bliebe weniger Zeit für die Kinder - und dennoch wenig Geld.

Doch auch die Väter leiden. Oft müssen sie so viel Unterhalt zahlen, dass ihnen selbst kaum etwas zum Leben übrig bleibt. Außerdem bleiben Mutter und Kinder oft im bisherigen Zuhause.

In vielen Fällen kann der Vater für sich selbst gerade mal eine kleine Wohnung leisten. Das kann für ihn zur psychischen Belastung werden: Nach vielen Jahren des (beruflichen) aufopferns für die Familie steht er gefühlt vor den Trümmern seiner Existenz.

 

Emotional

Ein Kind kann sich besser entwickeln, wenn es beide Elternteile hat. Es braucht die weibliche und die männliche Seite, um die eigene Identität zu entwickeln.

In vielen Bereichen reagieren Männer und Frauen unterschiedlich. Beides kann Kinder stärken.

Wenn beide Elternteile da sind, können die Eltern Aufgaben teilen. Einer von den beiden hat Zeit, sich um das Kind zu kümmern, mit ihm zu spielen. Währenddessen kann der andere Einkäufe erledigen, aufräumen, etc.

 

Geordnete Familienverhältnisse

Heutzutage scheitert jede zweite Ehe. Das sind alarmierende Zahlen. Dennoch bleibt die lebenslange Beziehung das Ideal. Kinder, die beide Eltern zuhause haben, fühlen sich oft sicherer. Ihr Zuhause wirkt intakt.

In der Schule oder im Freundeskreis können Kinder aus getrennten Familien abgewertet werden.

Wenn die Beziehung nur reine Zweckgemeinschaft ist, spürt das Kind es auch. Wenn die Eltern sich vermeiden, hängt unterschwellig schlechte Stimmung in der Luft.

 

Das Kind kann beide Elternteile weiterhin sehen

Wenn die Eltern zusammenbleiben, gibt es keine Besuchszeiten oder Regelungen. Es gibt kein „ziehen und zerren“ am Kind. Beide sind zuhause, beide sind ständig verfügbar. So kann das Kind mit dem Papa Fußball spielen, mit der Mama puzzeln.

Es kann die Sorgen und Nöte mit Papa und Mama teilen - wannimmer es will. Die Routine des Kindes wird nicht verändert.

 

Wenn die Eltern sich trennen

Wenn es bei bestem Willen nicht mehr geht, kann eine Trennung der einzige Weg sein. Wenn die Eltern sich dafür entscheiden, ist das Kind vielen Veränderungen ausgesetzt.

 

Eventuell sieht das Kind das andere Elternteil nur noch selten

Mit Glück findet der Papa eine Wohnung in der nahen Umgebung. Vielleicht muss er aber länger suchen und Kompromisse eingehen.

Wenn die neue Wohnung am anderen Ende der Stadt ist, kann das Kind nicht einfach vorbeikommen. Oder einer der beiden will erstmal Abstand.

Leider erleben viele Kinder nach der Trennung auch „aus den Augen, aus dem Sinn“. Der Vater wendet sich seinem neuen Leben zu.

 

Papa und Mama lernen jemand neues kennen

Noch stärker kann die räumliche Trennnung werden, wenn Papa und Mama jemand neues kennen lernen. Papa hat nicht mehr so viel Zeit, oder er bringt die neue Frau mit.

Mama bringt den neuen Partner mit nach Hause. Das Kind muss mit der neuen Person umgehen lernen. Kindliche Eifersucht und Trotz können eine neue Beziehung schwer machen.

 

Der Trennungsschock ist groß

Die neue Situation ist für Kinder schwierig. Plötzlich sitzt Papa nicht mehr mit am Frühstückstisch. Die Besuchszeiten sind geregelt. Oft müssen die Kinder zusätzlich die Gefühle ihrer Eltern auffangen. Sie glauben, die Verantwortung für sie übernehmen zu müssen.

 

Das Kind kann sich schlecht fühlen im Kontakt mit anderen Kindern

Auch wenn Trennungen und Patchworkfamilien zu unserem modernen Leben gehören: Eine Trennung der Eltern nimmt den Kindern etwas. Viele fühlen sich minderwertig. Die Eltern anderer Kinder können sich abwertend verhalten.

 

Das Kind kann die Trennung als eigenes Versagen wahrnehmen

Kinder nehmen oft die Schuld auf sich. Sie können sich dafür verantwortlich fühlen, dass ihre Eltern sich getrennt haben.

Natürlich stimmt das nicht. Kein Kind kann etwas dafür, wenn die Eltern auseinander gehen möchten.

Aber im kindlichen Denken kann sich das festsetzen. Wenn die Eltern sich trennen, ist es wichtig, ihr Kind mit einzubeziehen. Sie sollten mit ihm darüber sprechen.

 

Das Kind vermisst die doppelte Zuneigung

Wenn die Eltern sich trennen, bleibt in den meisten Familien weniger Zeit fürs Kind. Zum Trennungsstress kommt die Neuorganisation. Beide Elternteile sind „mit dem Kopf woanders“.

Vom Kind wird meist wortlos verlangt, damit umzugehen.

 

Das andere Elternteil muss eventuell mehr arbeiten

Wenn Eltern sich trennen, beginnt oft der Kampf um den Lebensunterhalt. Es bleibt weniger Zeit für gemeinsame Ausflüge und spielen mit den Elternteilen.

Oft muss das Kind nun in die Tagesbetreuung der Schule. Während die Mutter mittags bislang zuhause war, ist das Kind jetzt bis abends sich selbst überlassen.

Die betroffenen Kinder müssen lernen, schnell erwachsen zu werden.

 

Wenn die Eltern im Streit auseinander gehen

Nur weil die Eltern sich trennen, sind die Gefühle noch lange nicht weg. Im Gegenteil. Es herrscht innerliche Wut, Angst, Frustration. Es gibt Streit ums Geld, um neue Partner, um Besuchszeiten und Besuchsrechte.

Oft versuchen die Eltern, das Kind auf ihre Seite zu ziehen. Sie reden schlecht übereinander. Sie spielen sich gegeneinander aus.

Aber auch wenn die Eltern nicht schlecht über sich reden: eine schlechte Stimmung bleibt in der Luft.

 

 Das Geld ist knapp

Wenn eine zweite Bleibe notwendig ist, müssen zwei Haushalte funktionieren. Das kostet. Hinzu kommen oft Streitigkeiten vor Gericht.

Viele Familien rutschen nach der Trennung in die Armut. Das ist bitter für Kinder. Oft reicht es nicht mehr hinten und vorne. Es bleibt kein Geld für Extras, für Klassenfahrten, selbst für eine gesunde Ernährung.

 

Ausblick

In der Entscheidung zwischen trennen und bleiben ist klar: Die beste Entscheidung ist die, bei der das Kind am wenigsten leidet. Bei der das Kind sich zuhause sicher fühlt.

Wenn zuhause Streit und stressige Situationen an der Tagesordnung ist, ist eine Trennung besser.

 An einer Beziehung festhalten kann aber auch belohnen. Was man lange gemeinsam aufgebaut hat, sollte man nicht achtlos wegwerfen. Allerdings müssen dann beide Elternteile ernsthaft bereit sein, an sich und der Beziehung zu arbeiten.

Bei noch so intensiver elterlicher Liebe: Gerade kleine Kinder können eine immense Belastung für eine Beziehung sein.

Zeit für sich als Paar finden ist wichtig. Auch eine Paartherapie oder Familienberatung kann helfen. Es ist durchaus möglich, dass die Beziehung dann schöner und stabiler wird als sie zuvor war.

Klar ist aber auch: Wer zuhause psychischer oder physischer Gewalt oder einer Suchtproblematik ausgesetzt ist, sollte nie zögern, die Beziehung zu verlassen:

Es geht immer irgendwie weiter. Es gibt Hilfe. Man muss sich trauen, sie anzunehmen.

Ob die individuelle Antwort nun trennen oder bleiben ist. Wie auch immer die Eltern sich entscheiden. Das Wohl des Kindes sollte über allem stehen.

Vgl. auch: Kind hat keine Freunde im Kindergarten – Ursachen & Tipps

Ariane Faralis

Ariane ist studierte Soziologin & hat eine eigene private psychotherapeutische Praxis. Sie verstärkt unsere Online-Redaktion mit fundierten Fachtexten und wertvollem Content. Ariane’s Motto: ”Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit” (Erich Kästner)

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