Kinder mit einer narzisstischen Mutter

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Liebe Dich selbst mehr als Deinen Nächsten

Narzisstische Mütter geben ihren Kindern wenig Unterstützung und Liebe.

Ein gewisses Maß an Selbstliebe ist normal. Der eine hat sie weniger, der andere mehr. Wir alle streben danach, uns wichtig und anerkannt zu fühlen. Ein gesundes und hohes Selbstbewusstsein bringt uns viele Vorteile: Es bedeutet Freude an uns selbst und am Leben (1).

In letzter Zeit wird der Begriff aber eher inflationär und negativ besetzt: Ein selbstverliebter und selbstbewusster Mensch wird schnell als Narzisst bezeichnet.

Von dieser normalen Selbstliebe muss die narzisstische Persönlichkeitsstörung klar abgegrenzt werden.

 

Was ist ein Narzisst?

Narzissmus im klinischen Sinn ist eine ernste psychische Erkrankung. Die betroffenen Menschen haben eine tiefgehende Selbstwertstörung - auch wenn sie nach außen hin stark, strahlend und selbstbewusst wirken.

Ihrer Umwelt gegenüber profilieren sich Narzissten. Im Innersten jedoch sind sie zutiefst verunsicherte Menschen. Einerseits empfinden sie sich als perfekt. Andererseits sind sie tief drin fest davon überzeugt: Ich werde weder anerkannt noch geliebt.

Diese Fehlentwicklung entsteht in den frühsten Lebensjahren. Damals wurden die grundlegenden Bedürfnisse nicht (ausreichend) beachtet.

Als Erwachsene versuchen die Betroffenen, ihr mangelndes und wenig entwickeltes Selbstwertgefühl zu kompensieren. Sie können anderen Menschen wenig echte Empathie entgegenbringen. » Selbstwertgefühl von Kindern stärken

 

Wenn die Mutter eine Narzisstin ist

Es ist wichtig, zu betonen: Sowohl Männer als auch Frauen können eine narzisstische Persönlichkeitsstörung haben. Natürlich leiden Kinder auch unter einem narzisstischen Vater.

Warum ist dieser Artikel dann über narzisstische Mütter? Es gibt einen entscheidenden Grund: Für Kinder ist die Mutter meist die erste und wichtigste Bezugsperson.

Die Mutter verbringt mehr Zeit mit dem Kind. Sie erfüllt die Grundbedürfnisse des Säuglings. Sie hat mehr Einfluss auf das Kind. Im Falle einer Trennung wird das Kind meistens ihr zugesprochen. Ihr Einfluss auf die (früh-) kindliche Entwicklung ist meist größer als beim Vater.

 

Drei narzisstische Formen werden unterschieden:

1. Exhibitionistischer Narzissmus (offener Narzissmus)

Die Großartigkeit wird öffentlich dargestellt. Exhibitionistische Narzissten können sehr erfolgreich sein. Ihren Mitmenschen gegenüber sind sie arrogant und kühl. Männer sind häufiger betroffen.

2. Grandios-maligner Narzissmus

Maligne Narzissten vereinen Narzissmus, Aggression, Paranoia und antisoziales Verhalten. Sie sind von sich und ihrer Großartigkeit überzeugt. Sie müssen sich von anderen Menschen immer ausreichend wertgeschätzt fühlen. Wenn sie sich nicht ausreichend wertgeschätzt fühlen, rächen sie sich. Es spielt keine Rolle, ob die gefühlte Ablehnung real war. Auch von dieser Form sind Männer häufiger betroffen.

3. Vulnerabel-fragiler Narzissmus (verdeckter Narzissmus)

Die unerkannten Narzissten. Sie sind sehr verletzlich, schüchtern und extrem sensibel. Deshalb wird diese Form auch als verdeckter Narzissmus bezeichnet. Auch sie sind auf sich selbst fixiert und haben wenig Empathie. Kritik oder Zurückweisungen können zu ernsten Krisen führen. Der verdeckte Narzissmus wird eher Frauen zugeschrieben (2).

 

Leben mit einer narzisstischen Mutter

Was zeichnet eine narzisstische Mutter aus?

  1. Sie denkt sehr selbstbezogen. Narzisstische Mütter brauchen sehr viel Aufmerksamkeit. Andere Menschen haben für sie eine Hauptfunktion: Ihr Selbstgefühl zu stärken.

    Kinder hingegen sind darauf angewiesen, dass ihre Grundbedürfnisse gestillt werden. Zu Beginn ihres Lebens sind sie hilflos. Schon Babys spüren, wie (stark) ihre Bezugsperson auf sie reagiert.

  2. Sie kann nicht lieben. Traurig, aber wahr: Narzissten können meistens nicht lieben. Auch nicht ihre Kinder. Mit schwerwiegenden Folgen. Für Kinder ist bedingungslose Liebe, Empathie und Aufmerksamkeit unverzichtbar.

  3. Die Bedürfnisse des Kindes bleiben auf der Strecke. Kinder von narzisstischen Müttern erhalten oft keine liebevolle Begleitung. Das Kind ist nur „in Ordnung“, wenn es macht, was die Mutter von ihm will. Sie hat wenig Kapazität für die Sorgen und Nöte ihres Kindes.

    Schon früh lernt das Kind, damit auf seine Weise umzugehen. In vielen Fällen entwickelt es später selbst eine Persönlichkeitsstörung oder eine andere psychische Krankheit.

  4. Sie ist kritisch und kontrollierend. Narzisstische Mütter lieben das Gefühl von Macht und Kontrolle. Sie sehen ihre Kinder nicht als eigenständige Persönlichkeiten. Im Gegenteil: Sie sind Erweiterungen ihrer selbst. So schaffen sie eine besitzergreifende Nähe zum Kind.

    Sie sind mit ihren Kindern übermäßig kritisch. Eher werden Fehler hervorgehoben, als dass das Kind gelobt wird.

  5. Sie sieht keine Fehler in sich und ihrem Verhalten. Sie ist davon überzeugt: Fehler machen nur die anderen. Kritik wird nicht akzeptiert, sondern bewirkt Abwehrverhalten. Sie überschreitet ständig die Grenzen ihrer Mitmenschen.

  6. Sie wertet das Kind ab. Nicht selten werten narzisstische Mutter das Kind ab. Je mehr Narzissten andere “kleiner” machen, umso besser stehen sie selbst da – ob unbewusst oder bewusst. Für Kinder kann das schlimme Folgen haben.    

  7. Sie ist neidisch - auch dem Kind gegenüber. Narzissten kämpfen mit starken Neidgefühlen. Die können sich auch dem Kind gegenüber äußern. Sie können eifersüchtig werden, wenn das Kind mehr Anerkennung erhält als sie selbst. Dieser Neid kann zu aggressivem Verhalten dem Kind gegenüber führen.

  8. Sie fühlt sich von der wachsenden Unabhängigkeit des Kindes bedroht. Jedes Kind liebt seine Mutter. Gerade ein kleines Kind merkt nicht, dass es nicht geborgen aufwächst.

    Wenn das Kind größer wird, sieht es auch seine Mutter anders. Es wird unabhängiger. Es rebelliert. Es ordnet sich nicht mehr unter. Es lässt sich nicht mehr kontrollieren. Es weigert sich zunehmend, der Mutter die benötigte Selbstbestätigung zukommen zu lassen.

  9. Sie hat ein geringes Selbstwertgefühl. Narzissten fällt es schwer, ihr Selbstwertgefühl stabil zu halten. Sie kompensieren ihr mangelndes Selbstbewusstsein mit Selbstüberschätzung und Allmachtsphantasien. Sie halten sich für die beste Mutter auf der ganzen Welt – oder für totale Versager.

  10. Sie ist selbst in Not. Narzissten leben mit einem großen, emotionalen Defizit. Sie können weder mit sich noch mit anderen Menschen in ihrem Umfeld eine ausgeglichene, liebende Beziehung eingehen.

Narzisstische Mütter und die Rolle des Partners

Narzisstische Menschen sind kaum beziehungsfähig. Sie gehen meist nicht aus Liebe eine Beziehung ein. Sie möchten ihr Bedürfnis nach Bestätigung und Bewunderung befriedigen. Schnell wird das frühere Objekt der Begierde zur leicht ersetzbaren Mangelware. Sobald die Beziehung zu kompliziert wird, verlieren sie das Interesse (3).

Partner von Narzissten können die folgenden Merkmale aufweisen:

  • Sie haben masochistische Züge und ordnen sich in der Beziehung unter.

  • Sie werden zu Ko-Narzissten: Durch den Glanz des narzisstischen Partners fühlen sie sich aufgewertet.

  • Sie brechen irgendwann aus der Beziehung aus.

Familien mit einem narzisstischen Elternteil zerbrechen oft. In letzter Instanz wird der Kampf um das Kind oft vor Gericht ausgetragen. Hier gibt sich die narzisstische Mutter charmant und perfekt. Sie ist oft redegewandter als der Ehemann.

Familienrichter*innen und die Mitarbeiter*innen im Jugendamt haben keine psychotherapeutische Ausbildung. Sie wissen selten, wie das Leben mit einem Narzissten ist. Sie sehen keinerlei Gründe, wieso das Kind vielleicht bei seinem Vater besser aufgehoben wäre.

Sie verstehen nicht, dass eine schwer narzisstisch gestörte Mutter weder Schuldgefühle noch echte Empathie hat.

 

Wie kann sich ein Kind von einer narzisstischen Mutter befreien?

Narzisstische Menschen suchen erst spät Hilfe – wenn überhaupt

Narzissten sind sich ihres verletzenden Verhaltens nicht bewusst. Sie sehen ihre Störung selten als unerwünschte Persönlichkeitsstruktur. Sie erkennen keine Probleme in ihrem Verhalten. Deshalb machen sie fast nie eine Psychotherapie.

Generell sind Narzissten bei Hilfe und Rat von außen sehr kritisch. Wenn sie therapeutische Hilfe suchen, dann eher, weil sie von ihrem Umfeld dazu gedrängt werden. Selbst dann brechen sie die Therapie häufig ab.

Manchmal ändert es sich in höherem Alter: Wenn es zum Verlust von Macht und Schönheit kommt, kann eine tiefe Einsamkeit einsetzen. Mitunter kommt es zum totalen Zusammenbruch. Einige entwickeln suizidale Tendenzen.

 

Hilfe zur Selbsthilfe

Das Leben mit einer narzisstischen Person ist schwer. Ein Erwachsener kann eher den Kontakt einschränken oder abbrechen. Ein Kind ist hilflos ausgeliefert. Schon früh lernt es, dass es nicht um seiner selbst geliebt wird. Es zählt nur, wenn es die Erwartungen anderer – die seiner Mutter – erfüllt.

Die von ihr zugefügten Verletzungen können ein Leben lang anhalten. Manche Kinder sind resilienter. Sie werden „dennoch“ halbwegs zufriedene und ausgeglichene Erwachsene. Andere leiden ein Leben lang an den Folgen. Kinder einer narzisstischen Mutter müssen sich immer klarmachen:

Sie selbst sind nicht das Problem. Sie haben nicht das Problem.

Mithilfe dieser Selbsterkenntnis lernen sie, die Mutter in anderem, kritischerem, Licht zu sehen. Ein älteres Kind kann lernen, der Mutter in gewissem Rahmen Grenzen zu setzen. Vgl. Grenzen setzen bei Kindern

 

Betroffene Kinder brauchen Unterstützung

Seelische Verletzung und Misshandlung wie emotionale Vernachlässigung durch eine narzisstische Mutter lässt sich schwer nachweisen. Aber das Kind braucht dringend Unterstützung von außen. Es braucht ein stärkendes, sicheres soziales Umfeld.

Eine Ansprechperson, eine stützende Gemeinschaft, kann viel bewirken.

Als Erwachsene können Betroffene lernen, mit den frühen Verletzungen besser umzugehen. Sie können eine Psychotherapie machen – und im Extremfall den Kontakt mit der narzisstischen Mutter abbrechen.

Vielleicht löst das einen Denkprozess in ihr aus – und sie beginnt selbst eine Therapie.


Quellen:

1) profil.at: Interview mit Otto Kernberg, dem bekanntesten Psychiater
2) therapie.de: Narzissmus und narzisstische Störungen
3) Die Ärzte Zeitung: Narzissmus pathologisch betrachtet

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Ariane Faralis

Ariane ist studierte Soziologin & hat eine eigene private psychotherapeutische Praxis. Sie verstärkt unsere Online-Redaktion mit fundierten Fachtexten und wertvollem Content. Ariane’s Motto: ”Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit” (Erich Kästner)

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