Erdbeben in Nepal – die tägliche Gefahr für ein armes Land
Erdbeben in Nepal
sind eine ständige Bedrohung für das bettelarme Land. Doch sie sind nur die Spitze des Eisbergs…
Die ständige Bedrohung aus der Erde
Die beiden Plattengrenzen zwischen Indien und Eurasien reiben und verhaken sich seit mehr als 40 Millionen Jahren. Immer wieder stauen sich hier im südlichen Himalaya große Spannungen auf. Von Zeit zu Zeit entladen sie sich.
So wie am 25. April und am 12. Mai 2015: Zwei heftige Erdbeben und zahlreiche Nachbeben erschütterten das südasiatische Nepal.
Es waren die stärksten Erdbeben seit 80 Jahren. Die Richterskala zeigte eine Stärke von 7,8 (1) Bei den beiden Hauptbeben starben rund 9000 Menschen. Mehr als 22.000 weitere wurden verletzt. Insgesamt waren knapp 8 Millionen Menschen von der Erdbebenserie betroffen (2).
Es dauerte lange, bis sich die Einwohner Nepals davon einigermaßen erholt hatten.
Zumal viele Nachbeben folgten. Der felsige Untergrund des Himalaya verursacht bereits bei der kleinsten Erschütterung Schlamm- und Schneelawinen.
Doch es sind nicht nur die Erdbeben: Die geographische und wirtschaftliche Lage des Himalaya-Staates ist schwierig und gefährlich. Jeden Tag.
Nepals geographische Lage
Um die Risiko-Faktoren Nepals besser zu verstehen, werfen wir einen kurzen Blick auf die geographische Lage des Landes (3):
Nepal kann geographisch in drei Regionen aufgeteilt werden:
Die Himalaya Region mit dem höchsten Punkt des Landes, dem Mount Everest. Er liegt 8.848m über dem Meeresspiegel und lockt jedes Jahr zahlreiche Touristen an.
Regionen mit mittleren Hügeln. Hier liegt die Hauptstadt Nepals, Kathmandu.
Die Terai Region. Der flachste Punkt Nepals liegt in der Terai-Ebene von Kechana Kalan in Jhapa, auf nur 60m über dem Meeresspiegel.
Das Klima in dem 147.181km2 großen Gebirgsstaat ist vielfältig: Im Norden herrschen extreme Winter und luftige Sommer, im Süden ruhige Winter und subtropische Sommer.
Nicht nur Erdbeben erschweren die Lebensbedingungen in Nepal
Mehrere mächtige Flüsse haben ihren Ursprung im nepalesischen Himalaya - das gewaltige Himalaya-Gebirge wird oft als „Wasserturm“ Asiens bezeichnet: Ein großer Teil des Kontinents wird von hier aus mit Wasser versorgt.
Was für die Landwirtschaft wichtig ist, wird für die knapp 30 Millionen Einwohner besonders von Juni bis September zum unlösbaren Problem: Während der Monsunzeit bahnen sich riesige Ströme aus Schmelzwasser ihren Weg hinab aus dem Himalaya Gebirge. Die heftigen Regenfälle schwemmen schwere Erdmassen ins Tal.
Alleine durch die Folgen des Monsuns sterben jedes Jahr hunderte Menschen. Tausende Nepalesen werden von einer Minute auf die andere ihres ohnehin notdürftigen Wohnraumes beraubt.
Für die bettelarmen Menschen und besonders für die Landbevölkerung eine Katastrophe: Fast die Hälfte der nepalesischen Bevölkerung lebt ohnehin unterhalb der Armutsgrenze. Die ständigen Erdrutsche machen eine landwirtschaftliche Nutzung in vielen Teilen des Landes unmöglich: Der Boden ist großteils unfruchtbar (4).
Nepals Menschen sind bettelarm
Nepal gehört zu den 20 ärmsten Ländern der Welt - trotz seiner beiden mächtigen Nachbarn: China im Norden und Indien im Süden. Der Kampf um ein Grenzgebiet im Himalaya hat Nepal vielmehr zwischen die Fronten der beiden Großmächte gebracht (5).
Die Lage als alpines Binnenland macht ein adäquates Transportsystem unmöglich. Hinzu kommt: Nepal verfügt über wenige Ressourcen. Der Sprung aus der Armut ist schwer.
Auch wenn Nepal mit 147.181km2 ausreichend Platz für seine Bewohner und eine vielfältige Landwirtschaft hat: Ein Großteil des Landes ist aufgrund der geographischen Gegebenheiten nicht einmal bewohnbar. Deshalb drängen sich die Menschen in wenigen Hauptballungsgebieten auf engstem Raum - besonders in Kathmandu: Die ca. 1 Million Einwohner zählende Hauptstadt Nepals ist eine der am dichtesten besiedelten Städte der Welt (6).
Ein paar wenigen gehört alles
Eine kleine reiche Oberschicht besitzt fast allen Grund des Landes. Dem gegenüber steht ein großer Teil der Bevölkerung, der sich nicht einmal die grundlegende medizinische Versorgung leisten kann. Selbst in Notfällen erhalten arme keine kostenfreie Behandlung. Von klein auf erfahren sie eine hohe soziale Ungleichheit. Und wie immer leiden die Kinder wohl am meisten unter der schwierigen Situation.
Kinderarmut in Nepal
Nepals Kinder wachsen in Armut, Unterernährung und Gewalt auf. Ihre grundlegendsten Bedürfnisse werden nicht erfüllt. Täglich kämpfen sie ums Überleben. Über 45% aller Kinder sterben, bevor sie ihr fünftes Lebensjahr erreichen. Fast die Hälfte der Kinder ist chronisch unterernährt und krank (7).
Mehr als 30% aller Kinder sind nicht einmal offiziell bei den nepalesischen Behörden registriert. Sie sind unsichtbar für die Gesellschaft, sie haben kein Recht auf Bildung und Gesundheitsfürsorge. Viele sterben elendig an einfach zu heilenden Krankheiten (8).
Schulbildung – Jungen werden bevorzugt
Nur knapp 60% der erwachsenen Bevölkerung Nepals kann lesen und schreiben (9). Eigentlich ist Schulbildung kostenlos und verpflichtend für Kinder im Alter zwischen 6 und 11 Jahren. Das nepalesische Schulsystem ist aber sehr marode: Oft fehlen den Schulen selbst grundlegende Dinge wie Tafeln, Stifte oder Bücher. Viele Lehrer haben wenig oder keine Ausbildung.
Oft können die Kinder am Unterricht nicht einmal teilnehmen: Wenn sie krank werden. Oder wenn die Familie zuhause die Mithilfe des Kindes benötigt.
Viele Kinder gehen bereits vor ihrem 11. Geburtstag wieder von der Schule ab – besonders Mädchen. Jungen werden in Nepal weit häufiger zur Schule geschickt: Sie bedeuten die Zukunft der Familie. Mädchen und ihre schulische Bildung hingegen zählen wenig: 51% aller Mädchen sind bereits verheiratet, wenn sie das 18. Lebensjahr erreichen.
Ein Großteil der nepalesischen Kinder muss schon früh arbeiten. Oft unter sehr gefährlichen Bedingungen. Sie verdienen sich mühsam etwas dazu: Als Straßenhändler, Sweatshop-Arbeiter, Haushaltskräfte oder Weber. In ihren Jobs sind sie anfällig für zahlreiche Krankheiten. Und dazu kommen Luftverschmutzung und unsauberes Trinkwasser.
Gesundheitliche Risiken
Die Luft in Nepals Städten ist stark verschmutzt. Ein Hauptgrund: Nepal deckt seinen Energiebedarf zu 88 Prozent mit Biomasse, vor allem mit Holz. Die meisten Haushalte kochen und heizen mit traditionellen Holzöfen. In der Luft befinden sich deshalb hohe Mengen an Feinstaub: Viele Menschen leiden an schweren Lungenerkrankungen. Nicht wenige sterben daran (10).
Trotz des „Wasserturm“ Asiens haben die Nepalesen wenig oder keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die Möglichkeiten zur Landwirtschaft sind ebenso schlecht wie die Nahrungsmittelpreise hoch. Ca. 5 Millionen sind unterernährt (11).
Medizinische Erstversorgung und die buddhistischen Mönche der Shechen Karuna Clinic
Vor diesem Hintergrund wird klar: ein starkes Erdbeben erschüttert das bettelarme Land. Arme Nepalesen haben keine Chance: Teilweise lebensgefährlich schwer verletzt, könnten sie das nächste Krankenhaus unmöglich erreichen. Und selbst wenn: Die lebensrettende medizinische Behandlung würden sie nicht erhalten.
Das nepalesische Gesundheitssystem ist marode: Auf 100.000 Einwohner kommen im Durchschnitt nur 21 Ärzte. Die schlecht entwickelte Infrastruktur macht eine medizinische Behandlung für viele Einwohner in Krisensituationen unerreichbar.
Ein wunderbarer Silberstreif am Horizont sind die buddhistischen Mönche der Shechen Karuna Clinic: Für sie zählt nur der Mensch. Sie achten nicht auf die religiöse, ethnische oder politische Herkunft (12).
Die Mönche der (von uns vor einigen Jahren mitfinanzierten) Shechen Karuna Clinic behandeln die ärmsten der Armen kostenfrei. Ihre Mission ist es, zu helfen, wo Hilfe benötigt wird. Ihr Weg beginnt, wo Straßen enden. Viele von ihnen sind ausgebildete Ärzte. Sie alle haben eine medizinische Ausbildung durchlaufen.
Die Mönche gehen selbst in entlegenste Orte. Schwer beladen mit allem, was für eine medizinische Erstversorgung benötigt wird. Durch unwegsames Gelände. Unermüdlich helfen sie und retten Leben.
Selbsthilfe vor Ort ist am besten
Auch 2015, bei den schweren Erdbeben, waren sie da - lange bevor die internationalen Hilfsorganisationen in Nepal ankamen. Die Mönche wurden zu stillen Helden: Durch ihre schnelle und beherzte Hilfe haben sie erste Hilfe geleistet. Unzähligen Menschen haben sie inmitten von Trümmern und Schlamm das Leben gerettet.
Die Shechen Karuna Clinic hat in dieser dramatischen Zeit Tausende obdachlose, traumatisierte und verletzte Menschen aufgenommen. Mönche und Klinikpersonal haben ihnen Medikamente, Nahrung und Zuflucht ermöglicht und die Chance auf eine Zukunft.
Internationale Hilfsorganisationen können die Rettungsarbeiten vor Ort eher behindern als beschleunigen. Deshalb unterstützen wir dank unserer Spender eine “Hilfe zur Selbsthilfe” in Nepal: Wir finanzieren den Mönchen der Klinik hochwertige Medikamente. Wir ermöglichen den Patienten sauberes Trinkwasser. Wir helfen den Mönchen helfen.
Jedes gerettete Menschenleben ist ein Wunder, das wir gemeinsam wahrmachen können. Wir freuen uns über jede Unterstützung, um der Shechen Klinik auch weiterhin helfen zu können: Die Menschen brauchen unsere Hilfe.
Warum die Hilfe der buddhistischen Mönche auch weiterhin unverzichtbar ist
Die beiden Platten im Himalaya-Gebirge reiben weiterhin aneinander - die schweren Erdbeben 2015 werden nicht die letzten gewesen sein. Niemand weiß, wann es in Nepal wieder zur Katastrophe kommen wird. Wissenschaftler vermuten: Das nächste Erdbeben wird noch verheerender sein als das von 2015.
Doch eines ist klar: Die buddhistischen Mönche der Shechen Karuna Clinic werden wieder ihren Weg durch unwegsamste Gebiete ins tiefste Landesinnere bahnen. Sie werden wieder wertvolle medizinische Erstversorgung leisten. Sie werden wieder hilflose, schwerverletzte Opfereiner erbarmungslosen Laune der Natur retten.
Dass die Gefahr eines Erdbebens nicht vorüber ist, spürt Nepal fast täglich: Von 2015 bis heute gab es mehr als 44.000 Nachbeben (13).
Quellen:
1) Zeit Online 2) Handelszeitung 3) ripleybelieves.com 4) Zeit Online 5) The Conversation 6) Nepal-Information.de 7) Süddeutsche Zeitung 8) U.S. National Library of Medicine 9) Studieren-weltweit.de 10) innovations-report 11) The Borgen Project 12) madonnagasaki 13) Zweites Deutsches Fernsehen