Prinzessin oder Aschenputtel?
Alle Mädchen träumen davon, eine Prinzessin zu sein. Aber wo ist die Grenze zwischen einem ganz normalen Mädchentraum und einem Rollenvorbild, das die Entwicklung einengt?
Rollenvorbilder können Weichen stellen
Einmal ein Kleid tragen wie Prinzessin Meghan bei ihrer Hochzeit. Einmal Haare haben wie Herzogin Kate! Prinzessinnen üben eine ungebrochene Anziehungskraft auf Mädchen aus. Und wenn es um’s Verkleiden geht, rangiert die Prinzessin bis heute ganz vorne unter den Lieblingskostümen.
Aber was steckt hinter der Faszination von Mädchen für diese märchenhaften Frauenfiguren? Und welche Folgen hat das, wenn sie erwachsen werden? Wir zeigen Ihnen, wie Sie ihren Kindern dabei helfen können, die passenden Rollenvorbilder zu finden.
Nach wie vor erleben Mädchen und Jungs in der Kindheit auch bei uns unterschiedliche Rollenvorbilder. Jungen werden dazu erzogen, stark zu sein und ihre Stellung zu behaupten, in der Clique, in der Klasse oder im Sportverein. Mädchen dagegen sollten lieb und süß sein, und die Eltern schicken sie gerne zum Ballettunterricht, zum Reiten oder Flötespielen. Ausnahmen bestätigen, wie immer, die Regel. Während Jungs sich schmutzig machen, lackieren sich schon kleine Mädchen ihre Nägel.
In traditionellen Rollenvorbildern gefangen?
Die Vorbilder machen es den Kindern „leicht“, traditionellen Rollenschemata zu folgen. Noch immer verdienen Männer im Schnitt über 20 Prozent mehr als Frauen in den gleichen Jobs. Und es ist meist der Vater, der arbeitet und Karriere macht, während die Mutter in Elternzeit geht und dann in Teilzeit arbeitet. Werbung und Fernsehen tun ihr Übriges. Ob in Werbespots oder in Sendungen wie „Germanys Next Topmodel“ – bei Frauen zählen nach wie vor die klassisch „weiblichen“ Attribute: sie sollen schön sein, dünn, geschminkt und herausgeputzt, sie kümmern sich um Kinder und Haushalt. Werbung und Filmproduktionen werden vor allem von Männern gemacht und spiegeln ihre Erwartungen. Es wird Zeit, dass Männer im Werbefernsehen Putzmittel, Haushaltsgeräte und Kosmetika anpreisen, in Castingshows auf dem Laufsteg modeln und in den Sozialen Netzwerken Tipps für die Pflege empfindlicher Männerhaut und das perfekte Abendstyling geben. Bevor das nicht passiert, werden Mädchen und junge Frauen weiter von Rollenstereotypen eingeengt, in ihrer Berufswahl beeinflusst und aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert werden.
Noch keine echte Gleichberechtigung im Arbeitsleben
Während bei den Schul- und Studienabschlüssen Mädchen und Jungen prozentual noch gleichauf liegen, sinkt die Zahl der Frauen in Vollzeitberufen. Nach wie vor arbeiten Frauen vor allem in „typischen“ Bereichen. Erziehung, Pflege. Lehre, Kunst, Medizin. Dort sind sie auch in der Mehrheit. Aber in den technischen Berufen, den „Männerdomänen“, ist der Frauenanteil immer noch verschwindend gering. Frauen in gehobenen Positionen machen auch heute in Deutschland nur 1/3 aus. Immer noch ordnen die meisten Mütter Beruf und Karriere der Familie unter.
Mädchen aus finanziell und sozial benachteiligten Familien haben es oft besonders schwer, sich unabhängig von den Rollenmodellen zu entwickeln, die sie sehen und täglich erleben. Und da beginnt der „Teufelskreis“, der sie vielleicht daran hindert, mehr zu lernen, mehr zu wünschen und mehr zu erreichen, unabhängig davon, ob das für Mädchen oder Jungen passender ist. Mädchen vorzugaukeln, der Alltag als vom Ehemann abhängige Hausfrau sei bequemer als das Berufsleben, ist einfach unfair. Eine Hausfrau ist rund um die Uhr im Einsatz – allerdings ohne Mindestlohn, Anspruch auf Urlaub oder Krankmeldung.
Lebe deinen Traum und nicht eine Rolle
Dabei gibt es gerade heute für Mädchen jede Menge Vorbilder, die sich nicht an der klassischen Rollenverteilung orientieren. Von Pippi Langstrumpf über Ronja Räubertochter bis Hermine Granger. Und auch im „echten Leben“ erreichen Frauen das, was früher den Männern vorbehalten war. In der Politik, aber auch in der Wissenschaft. Heute können Mädchen jeden Beruf ergreifen und alles studieren. Wie können wir sie dabei unterstützen, herauszufinden, was sie wirklich werden wollen, jenseits von Germanys Next Top Model oder It-Girls? Und natürlich gilt das Gleiche auch für Jungen. Sie können Tänzer werden oder Erzieher, Kosmetiker – oder sie können sich dafür entscheiden, den Haushalt zu führen, während der/die Partner*in berufstätig ist.
Die besten Beispiele für ein Kind sind natürlich die Eltern. Wenn wir ihnen vorleben, dass wir uns nicht von Rollenvorbildern lenken lassen, sondern von unseren eigenen Vorstellungen und Lebensentwürfen, werden auch sie ihren ganz persönlichen Traum verwirklichen.
Für mich bist du immer mein Prinz oder meine Prinzessin
Ganz unabhängig davon, wie die Rollen in Ihrer Familie verteilt sind – zeigen Sie Ihrer Tochter oder Ihrem Sohn immer, dass Sie sie einfach lieben, so, wie sie sind, und dass sie sich so entwickeln und entscheiden dürfen, wie es für sie gut ist. Ermutigen Sie sie, auch mal Rückschläge in Kauf zu nehmen und zu dem zu stehen, was sie sich vorgenommen haben. Vor allem: stehen Sie hinter Ihrem Kind, wenn es von anderen schief angeschaut oder vielleicht sogar ausgelacht wird. Als Mädchen im Eishockeytor, als Junge im Kochkurs oder als Puppenpapi, als Auszubildende in einer „Männerdomäne“ oder einem „Frauenberuf.“ Denn Veränderungen beginnen im Kopf – und im Herzen.
Vgl. auch Familienregeln im Alltag + Beispiele
Quellen:
Statista Frauenanteil in verschiedenen Berufsgruppen
Statistisches Bundesamt: Frauen in Führungspositionen
Vogue: Warum wollen so viele Mädchen Prinzessinnen sein?
Stadt Wien: Rollenbilder in der Gesellschaft
Neue Wege – gleiche Chancen: Gutachten der Sachverständigenkommission an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für den ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung