Impfung für Kinder gegen Corona ?
Wie sinnvoll ist die Corona-Impfung für Kinder und Jugendliche? Wir machen den Faktencheck.
Kinderimpfung gegen Corona – was überwiegt, Chancen oder Risiken?
Bis zum Herbst sollen alle Teenager in Deutschland die Möglichkeit erhalten, sich mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer gegen Sars-Cov-2 zu schützen. Viele Eltern sehen das skeptisch. Wir schauen hin: ist die Impfung sinnvoll oder ein unnötiges Risiko?
Nach den Sommerferien soll der Schulbetrieb in Deutschland reibungslos funktionieren. Ohne geteilten Unterricht, ohne Homeschooling. Für die nötige Sicherheit vor Ansteckung mit dem Sars-Cov-2-Virus will die Bundesregierung bis zum Ende der Sommerferien eine Impfung für Kinder gegen Corona mit Vakzin von Biontech/Pfizer ermöglichen.
Dieser Impfstoff ist seit Ende Mai von der EU-Kommission ab 12 Jahren zugelassen. Es gibt bereits Schulen, die Reihenimpfungen während des Unterrichts planen, z.B. in Planegg bei München oder in Langenfeld im Rheinland. Insgesamt würde dieses Angebot für rund 4,5 Millionen 12-17-Jährige in Deutschland gelten.
Allerdings werden sich sicher nicht alle impfen lassen. Während Schüler*innenvertretungen deutschlandweit vorwiegend positiv auf die Impfaussicht für Teenager reagiert haben, sehen viele Eltern die Möglichkeit eher skeptisch. Es sind nicht einmal unbedingt solche, die Impfungen generell ablehnen und befürchten, dass durch dieses Angebot der Impfzwang praktisch durch die Hintertür eingeführt werden soll. Viele haben einfach Angst, dass das Risiko einer Impfung den Nutzen bei ihren Kindern übersteigt.
Impfung für Kinder mit Vorerkrankungen empfohlen
Die Ständige Impfkommission Stiko lehnt eine generelle Impfung ab 12 aktuell aufgrund der unzureichenden Daten ab – noch. Lediglich Kinder und Jugendliche mit Vorerkrankungen - Adipositas, angeborene Herzfehler, Immun- und Krebserkrankungen sowie chronische Lungenleiden - sollten, so die Stiko, geimpft werden. Bei ihnen sei das Risiko eines schweren Verlaufs der Erkrankung erhöht.
Allerdings wissen wir heute einfach noch nicht genug über Covid-19, weder darüber, wann es bei wem zu schweren oder lebensgefährlichen Verläufen kommt, noch, wie sich Long Covid bei Kindern und Jugendlichen auswirkt.
Kinderimpfung gegen Corona beschleunigt die Herdenimmunität
Eines ist sicher – und aus diesem Grund wünschen sich viele Jugendliche die Impfung: Geimpfte haben mehr Bewegungsfreiheit. Und das ist es, was jungen Leuten seit über einem Jahr fehlt! In Deutschland haben wir das Glück, dass landesweit für die junge Generation der Impfstoff von Bionthec/Pfizer vorgehalten wird. In anderen Ländern, z.B. Italien, werden so genannte Astranights abgehalten – nächtliche Impftermine mit dem Astrazeneca-Impfstoff, zu denen man ohne Anmeldung gehen kann. Es sind vorwiegend junge Menschen, die das in Anspruch nehmen.
Gerade sie aber sollten eher mit einem Vakzin geschützt werden, bei dem kein erhöhtes Risiko für Jüngere besteht, aktuell also mit einem mRNA-Impfstoff. Laut der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA ist der Nutzen des Impfstoffs von Astrazeneca jedoch ab einer Inzidenz über 55 auch für Jüngere höher einzustufen als das Risiko einer Sinusvenenthrombose.
Um eine Herdenimmunität zu erreichen, ist es wichtig, dass so viele Menschen wie möglich geimpft sind. Dazu trägt natürlich auch jedes Kind und jeder/s Jugendliche bei.
mRNA-Impfstoffe scheinen derzeit für Jüngere weniger Risiken zu beinhalten als Vektor-Vakzine. Bei Älteren, so die aktuelle Studienlage, ist das Risiko bei Vektor-Impfungen geringer. Wenn junge Menschen sich impfen lassen, um zur Herdenimmunität und auch zum Schutz von Älteren beizutragen, sollten Ältere den Jüngeren bei mRNA-Wirkstoffen den Vortritt lassen!
So funktionieren die Impfstoffe
Die mRNA-Covid-19-Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna und Curevac sind gentechnisch hergestellte Impfstoffe, die auf demselben Wirkprinzip beruhen: Sie schleusen den Bauplan eines bestimmten Virusmoleküls in die menschlichen Körperzellen hinein, wo dann das Immunsystem auf den Eindringling angesetzt wird.
Gut zu wissen: es ist ausgeschlossen, dass sich die bei der Impfung verabreichte RNA in das menschliche Erbgut einbauen kann. Denn die mRNA gelangt gar nicht in den Zellkern, wo die Erbsubstanz der Körperzellen liegt.
Die Vektorimpfstoffe bringen das in den Körper einzuschleusende Genmaterial – den Bauplan für ein oder mehrere Erreger-Antigene - zuerst in das Erbgut von harmlosen Trägerviren (Vektorviren). Diese können nicht krank machen, aber in menschliche Zellen eindringen und sich eventuell sogar darin vermehren.
Warum reagieren Jüngere stärker auf Impfungen als Ältere?
Das liegt daran, dass bei jüngeren Menschen das Immunsystem insgesamt stärker ist und schneller arbeitet. Eine Impfreaktion ist eine bekannte und normale Nebenwirkung und kein neues Phänomen. Im Gegenteil: sie zeugt von einer gesunden körpereigenen Abwehr.
Schwere Nebenwirkungen und ihre Häufigkeit
Wie bei allen Impfungen können als Reaktion des Körpers leichte Nebenwirkungen auftreten. Zum Beispiel Schmerzen an der Einstichstelle, Kopf- und Gliederschmerzen, Müdigkeit und Fieber. Diese Nebenwirkungen vergehen nach ein, zwei Tagen. Schwere Nebenwirkungen dagegen sind äußerst selten. Auch sie können bei allen Impfungen auftreten, ob Grippe, Masern, Windpocken oder Zecken.
Generell sieht es im Moment so aus, als ob Vektorimpfstoffe unter Umständen eher zu Thrombosen führen könnten als mRNA-Vakzine.
Bei diesen wiederum scheint es häufiger zu Herzmuskelentzündungen zu kommen. Doch auch hier ist Vorsicht geboten, denn die Zahlen sind noch in keiner Weise belastbar.
Aber: alle schweren Nebenwirkungen treten in einer absolut geringen Häufigkeit auf, in Deutschland konkret bei 0,03% der bislang Geimpften. Der Nutzen überwiegt bei allen Impfstoffen die Gefahr von Nebenwirkungen.
Es stimmt: auch ein hochwirksamer Impfstoff kann eine Krankheit weder hundertprozentig verhindern noch allen Geimpften vollständige Sicherheit bieten, so die Europäische Arzneimittel-Agentur. Aber die Impfung schützt nachgewiesenermaßen vor schweren Krankheitsverläufen. Kein*e geimpfte*r Teilnehmer*in der in Deutschland durgeführten Studien ist schwer an Covid-19 erkrankt – das gilt für die mRNA-geimpften Proband*innen ebenso wie für die, die einen Vektorimpfstoff erhalten hatten. Auch die Gefahr, andere anzustecken, sinkt bei Geimpften deutlich.
Übrigens: Alles, was wir hier über die Corona-Impfstoffe schreiben, gilt auch für alle anderen Impfungen, z.B. für die Kombiimpfung gegen Mumps, Masern und Röteln.
Impfung für Kinder gegen Corona – ja oder nein?
Die Risiken für Kinder und Jugendliche sind bei einer Impfung gegen Sars-Cov-2 genauso einzuschätzen wie bei jeder anderen Impfung gegen ein Virus. Bei Masern oder Hepatitis nehmen die allermeisten Eltern das in Kauf – und stellen das Verhältnis von Risiko und Schutz nicht in Frage. Was ist bei Corona anders?
Die Datenlage über die Nebenwirkungen ist noch nicht so groß und daher nicht belastbar. Andererseits wissen wir auch noch sehr wenig über die Auswirkungen von Covid-19 bei Kindern und Jugendlichen. Dass sie sich anstecken und die Krankheit auch weitergeben, ist aber gesichert.
Was spricht für eine Impfung?
Abgesehen von der Herdenimmunität ist die Kinderimpfung gegen Corona ein wichtiger Schritt hin zu mehr Normalität. Nicht nur in den Schulen, sondern auch in den Sportvereinen und den unterschiedlichsten Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche. Und das ist es, was sie jetzt nach dem Lockdown vor allem brauchen:
Spaß und Spiel und Freizeit – zusammen mit ihren Freund*innen. Das ist besser, als alleine daheim zu bleiben. Das schaltet – wie bei absolut jeder Impfung – das Risiko von Nebenwirkungen nicht aus. Aber es ist ein triftiges Argument, sich die Sache mit der Kinderimpfung zu überlegen.
Quellen:
Internisten im Netz.de
Netdoktor.de
Süddeutsche Zeitung
Deutschlandfunk
Zdf.de
Bundesregierung.de
Tagesschau.de
Gesundes Kind.de