Gewalt gegen Frauen: Die Stille durchbrechen
Heute ist Valentinstag, der die romantische Liebe und Zuneigung zwischen Paaren feiert. Weniger bekannt, doch viel wichtiger ist die weltweite Aktion “One Billion Rising”, die seit 2012 jedes Jahr am 14. Februar stattfindet. One Billion Rising macht direkt auf die Missstände aufmerksam, die viele Frauen und Mädchen auf der Welt erfahren: häusliche oder öffentliche Gewalt, sexuelle Übergriffe, Zwangsprostitution, Sexismus, Ausbeutung und viele weitere Gewaltformen, die sich speziell gegen Frauen richten. Unsere Kinderhilfe schließt sich diesem wichtigen Appell an!
Dem stillen Leiden der Frauen und Mädchen den Kampf ansagen
Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist immer noch massiv verbreitet – sogar in Deutschland.
Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist ein weltweites Problem, das sich keineswegs auf weniger entwickelte Länder beschränken lässt. Sie zieht sich durch alle Kulturen, alle Bildungsschichten, Nationen – und Zeitalter, wie historische Quellen belegen. Gewalt gegen Frauen war in der Antike weit verbreitet und wurde von der Gesellschaft legitimiert oder ignoriert.
Historisch belegte Fälle und eine Fülle von mythologischen Erzählungen bis hin zu literarischen Werken zeigen, dass Frauen regelmäßig Opfer von Gewalt waren, sei es in Form von sexuellen Übergriffen, körperlicher Verstümmelung, rechtlicher Unterdrückung oder ritueller Gewalt.
Gewalt gegen Frauen in der Antike
Gewalt gegen Frauen gab es offensichtlich schon immer überall dort, wo männliche Machtstrukturen vorherrschten.
Gewalt gegen Frauen war der Ausdruck patriarchaler Machtstrukturen, die Frauen als untergeordnet betrachteten. Historikerinnen und Historiker interpretieren viele antike Texte und Mythen als Spiegel der gesellschaftlichen Normen und als Beleg für die systematische Unterdrückung von Frauen.
Diese Einstufung der Frau als minderwertig und dem Mann körperlich und rechtlich untergeordnet und damit einhergehend ihre physische und emotionale Misshandlung findet sich in Kulturen in allen Teilen der antiken Welt:
z.B. in Mesopotamien, in Griechenland, im römischen Reich und bei den Azteken, in China im Konfuzianismus, in Japan und Indien: Frauen wurden vergewaltigt, sexuell missbraucht und verstümmelt, sie wurden verkauft, versklavt und rituell getötet.
Gewalt gegen Frauen bleibt traurige Realität
Auch, wenn sich viele gesellschaftliche Strukturen gewandelt haben – Gewalt gegen Frauen bleibt weiterhin eine traurige Realität in allen Teilen der Welt.
Das stille Leiden der Frauen wird auch heute noch viel zu selten gehört und nicht ausreichend bekämpft.
Gewalt gegen Frauen in Europa
Laut einer Studie der Europäischen Union haben 33 % der Frauen in Europa seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt.
Dabei gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen europäischen Ländern: in manchen sind bis zu 50 % der Frauen betroffen. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben verstärkte Sensibilisierung und verbesserte Meldeverfahren zwar zu einem Anstieg der erfassten Fälle geführt, die Dunkelziffer bleibt aber dennoch hoch, weil viele Vorfälle nicht gemeldet werden.
Aus Angst, aus Scham – und weil Frauen oft bis heute keinen Rückhalt haben, weder in ihren Familien noch bei den zuständigen Behörden und in der Öffentlichkeit.
Gewalt gegen Frauen in Deutschland
In Deutschland zeigt das aktuelle Lagebild des Bundeskriminalamts (BKA) einen besorgniserregenden Trend. Im Jahr 2023 wurden 52.330 Frauen und Mädchen Opfer von Sexualstraftaten, das ist ein Anstieg von 6,2 % gegenüber dem Vorjahr.
Zudem wurden 180.715 Fälle häuslicher Gewalt gegen Frauen registriert, ein Plus von 5,6 %.
Besonders alarmierend ist der Anstieg der digitalen Gewalt gegen Frauen, die um 25 % auf 17.193 Fälle gestiegen ist. Unter digitaler Gewalt sind virtuelle Angriffe auf Internet-Plattformen, in Messenger- und Nachrichtendiensten zu verstehen.
Auch die Zahl der Femizide bleibt hoch: 2023 wurden 938 Fälle verzeichnet, davon endeten 360 tödlich.
Gewalt gegen Frauen ist kein Merkmal von Migranten
Immer wieder machen bestimmte Medien und Personen in der Öffentlichkeit den Anstieg von Menschen mit Migrationshintergrund für die steigende Zahl von Gewalt gegen Frauen verantwortlich. Dafür gibt es keinerlei stichhaltige Beweise.
Ganz sicher spielen aber der sozioökonomische Hintergrund, Alter, Bildung und Erziehung eine Rolle. Detaillierte Studien, die den Einfluss von Migrationshintergrund, sozialen und wirtschaftlichen Faktoren und kulturellen Aspekten auf Gewalt gegen Frauen untersuchen, wären wichtig, um gezielt präventive Maßnahmen zu entwickeln und betroffene Gruppen besser zu unterstützen.
Familie als Tatort
Der überwiegende Teil von Gewalt gegen Frauen findet in Familien oder in deren Umfeld statt.
Gesichert ist allerdings, dass der überwiegende Teil von Gewalt gegen Frauen und Mädchen in der Familie oder im familiären Umfeld passiert. Das macht es für die Betroffenen einerseits schwerer, Anzeige zu erstatten, wodurch die Gewalt oft über Jahre hinweg andauert und sogar von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Andererseits können in diesen Fällen Einrichtungen gute Hilfen bieten. Zum Beispiel Frauenhäuser, Beratungsstellen etc. Eine Liste mit Anlaufstellen findet ihr unten.
Entwicklung in den letzten 20 Jahren in Deutschland
In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist die Sensibilisierung für geschlechtsspezifische Gewalt gestiegen, was zu einer höheren Bereitschaft führte, Vorfälle zu melden. Gesetzliche Änderungen wie die Einführung des "Nein heißt Nein"-Gesetzes im Jahr 2016 haben den rechtlichen Rahmen zum Schutz von Frauen verbessert. Aber damit allein kann die steigende Zahl der angezeigten Fälle nicht begründet werden. Die steigenden Fallzahlen machen deutlich, dass Gewalt gegen Frauen weiterhin ein gravierendes Problem darstellt. Die Zunahme digitaler Gewalt und die Verbreitung frauenfeindlicher Inhalte im Internet tragen ebenfalls zur Verschärfung der Situation bei.
Auslöser für die aktuelle Entwicklung
Gewalt gegen Frauen ist auch in Deutschland nach wie vor ein Thema.
Mehrere Faktoren beeinflussen die gestiegenen Fallzahlen von Gewalt gegen Frauen:
Gesellschaftliche Normen und Rollenbilder: Tief verwurzelte patriarchalische Strukturen und traditionelle Geschlechterrollen können Gewalt gegen Frauen begünstigen.
Digitale Medien: Die Verbreitung von Hassbotschaften und extremistischer Propaganda im Internet fördert die Gewaltbereitschaft gegenüber Frauen.
Meldebereitschaft: Eine erhöhte Sensibilisierung und verbesserte Unterstützungssysteme haben die Bereitschaft der Opfer, Vorfälle zu melden, gesteigert, was zu höheren Fallzahlen in der Statistik führt.
Unzureichender Opferschutz: Trotz gesetzlicher Verbesserungen mangelt es oft an ausreichenden Schutzmaßnahmen und Unterstützung für Betroffene.
Es ist entscheidend, weiterhin präventive Maßnahmen zu ergreifen, Opferschutz zu stärken und gesellschaftliche Einstellungen zu verändern, um Gewalt gegen Frauen und Mädchen effektiv zu bekämpfen. Nur so können wir die Stille hörbar machen.
Frauen und Mädchen leiden oft still unter männlicher Gewalt
Prävention kann Leben retten
Oft sind die Auslöser für Gewalt gegen Frauen und Mädchen vielschichtig. Familiäre und wirtschaftliche Probleme begünstigen sie oft. Hier sind wir alle aufgerufen, genau hinzuschauen, Warnzeichen ernst zu nehmen und wenn möglich präventiv aktiv zu werden, damit es nicht so weit kommt.
In den Projekten gegen Kinderarmut der Deutschen Lebensbrücke in ganz Deutschland finden Kinder einen kleinen Hafen, in dem sie ein Stück Normalität erleben. Und sei es nur während eines gemeinsamen Frühstücks (Frühstücksklubs) oder Mittagessens (Mittagstische)
Das stärkt die kleinen Mädchen und gibt ihnen mehr Selbstvertrauen. Die ehrenamtlichen Betreuer*innen kennen „ihre“ Kinder und vermitteln Hilfen, wenn und wo es nötig ist.
Gewalt gegen Frauen in Afrika
Afrikanische Frauen müssen auch heute noch viel mehr um Gleichberechtigung kämpfen.
Auf keinem Kontinent ist geschlechtsspezifische Gewalt so stark ausgeprägt wie in Afrika. Viele Frauen werden geschlagen, vergewaltigt oder genitalverstümmelt. Besonders hoch sind die Zahlen in West- und Zentralafrika.
Obwohl die Dunkelziffer sehr hoch liegt, weil die meisten Opfer die Täter nicht anzeigen, geht z.B. die Organisation Refela, ein Netzwerk von Frauen in politischen Ämtern in Afrika, davon aus, dass mehr als 40 Prozent der Frauen in Westafrika Opfer von physischer oder sexualisierter Gewalt sind – bei einem weltweiten Durchschnitt von 30 Prozent.
Wie überall geschehen diese Übergriffe oft in der Ehe, der Familie oder jedenfalls im privaten Umfeld. Amnesty International berichtet, dass nur ein Viertel der Frauen Vergewaltigungen in der Familie anzeigt.
Der Grund ist der gleiche wie bei uns – auch wenn die Zahlen der angezeigten Übergriffe in Deutschland höher sind. Viele Frauen fürchten, dass die Schuld in einer Täter-Opfer-Umkehr auf sie zurückfällt und die Täter straffrei ausgeben.
Dazu kommt die Angst, von der Familie verstoßen zu werden. Besonders schlimm ist die Tatsache, dass immer noch viele Frauen davon ausgehen, dass Gewalt in der Ehe „normal“ ist und die Ehemänner das Recht haben, sie zu schlagen.
Während und nach dem Bürgerkrieg stieg die Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Liberia besonders stark an.
Bürgerkrieg als Katalysator
In Ländern, in denen lange Bürgerkrieg herrschte, haben Frauen und Mädchen besonders unter männlicher Gewalt gelitten. Während des 14-jährigen Bürgerkriegs in Liberia wurde eine große Zahl, 60-70%, von Frauen und Kindern Opfer sexualisierter Gewalt, und in diesen Jahren wurde kaum etwas getan, um sexualisierte Gewalt zu verhindern oder die Überlebenden direkt zu unterstützen.
Trotz des Kriegsendes bleibt geschlechtsspezifische Gewalt ein ernstes Problem. Im Jahr 2020 rief der damalige Präsident George Weah aufgrund der hohen Rate an sexualisierter Gewalt den nationalen Notstand aus und kündigte die Einrichtung einer Taskforce zur Bekämpfung dieses Problems an.
Aber auch zwanzig Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs sind Frauen und Mädchen noch von Gewalt betroffen, und Unterstützungsangebote sind nach wie vor begrenzt. Vor allem auf den Dörfern halten sich die alten Machtstrukturen hartnäckig.
Verschiedene Organisationen setzen sich seit 2006 für die Unterstützung von Überlebenden und die Prävention von Gewalt ein. Sie schulen unter anderem Polizei- und Gesundheitskräfte im stress- und traumasensiblen Umgang mit Betroffenen und arbeiten daran, Schutznetzwerke in Gemeinden aufzubauen.
Rechtliche und gesellschaftliche Ungleichheit
In vielen afrikanischen Ländern ist auch heute die rechtliche und gesellschaftliche Stellung von Frauen durch massive Ungleichheiten geprägt. In Liberia beispielsweise existiert ein duales Rechtssystem aus zivilem und traditionellem Recht.
Letzteres benachteiligt Frauen häufig, indem es ihnen Rechte auf Eigentum oder Sorgerecht verweigert. Auch der soziale Status spielt leider nach wie vor eine große Rolle. Frauen aus der Oberschicht haben ungleich bessere Chancen auf Bildung, Ausbildung und Karriere. Doch auch sie sind nicht immer vor patriarchalen Machtstrukturen gefeit.
Trotz dieser Herausforderungen gibt es zahlreiche Initiativen und Organisationen, die sich für die Rechte von Frauen einsetzen und daran arbeiten, Gewalt zu reduzieren und Gleichberechtigung zu fördern.
Die Deutsche Lebensbrücke fördert Projekte für Mädchen und Frauen
Hilfsprojekte für Frauen und Kinder im westafrikanischen Liberia
Die Deutsche Lebensbrücke setzt sich seit vielen Jahren dafür ein, die Situation der Frauen und Mädchen in Liberia zu verbessern. Am wichtigsten sind dabei eine gute Schul- und Ausbildung. Durch sie erlangen die Mädchen Selbstständigkeit, sie verdienen ihr eigenes Geld, und damit erhöht sich ihr Ansehen in der Familie. Gleichzeitig sind die jungen Frauen dann nicht mehr von ihren Eltern oder ihrem Ehemann abhängig.
Schließlich zeigt die Erfahrung in der internationalen Entwicklungshilfe, dass Frauen die Gesellschaft ihres Landes voranbringen und wesentlich an einer Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lages ihres Landes beteiligt sind.
Genauso wichtig ist die medizinische Hilfe für Frauen und Familien. Hier unterstützt die Deutsche Lebensbrücke ein privates Krankenhausprojekt, das sich schwerpunktmäßig um Frauen kümmert.
Bildung ist für Mädchen in Liberia die einzige Chance auf ein selbstbestimmtes Leben
Du willst mehr über die Projekte der Deutschen Lebensbrücke für Frauen und Mädchen in Liberia wissen?
Dann klicke hier:
Bundesweite Kontakte für Opfer von Gewalt gegen Frauen
Hier findest du einige bundesweite Kontakte. Dort findest du vertrauliche und respektvolle Hilfe!
Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“
Telefon: 08000 116 016 (kostenfrei, anonym, rund um die Uhr)
Website: www.hilfetelefon.de
Sprachen: Beratung in vielen Sprachen, auch mit Gebärdendolmetschung.
Angebote: Soforthilfe, Informationen, Vermittlung an lokale Unterstützungsstellen.
Hilfetelefon „Schwangere in Not“
Telefon: 0800 404 0020 (kostenfrei, anonym, rund um die Uhr)
Website: www.schwanger-und-viele-fragen.de
Angebote: Beratung für Schwangere in Krisensituationen.
Frauenhäuser und Schutzwohnungen
Frauenhäuser bieten einen sicheren Zufluchtsort für Frauen (und oft auch ihre Kinder), die von häuslicher Gewalt betroffen sind.
Frauenhauskoordinierung e.V.
Website: www.frauenhauskoordinierung.de
Kontakt: Über lokale Frauenhäuser, die direkt kontaktiert werden können.
Zentrale Frauenhaus-Suche
Website: frauenhaus-suche.de
Funktion: Online-Suche nach freien Plätzen in Frauenhäusern.
Beratungsstellen vor Ort
AWO, Caritas, Diakonie und andere Wohlfahrtsverbände
Und hier findest du Beratung und Unterstützung in vielen Städten und Gemeinden. Die Beratung erfolgt anonym und oft kostenlos
ProFamilia
Website: www.profamilia.de
Angebote: Unterstützung bei Gewalt in Partnerschaften, Sexualität und Schwangerschaft.
Polizei und Notruf
Polizeinotruf: 110 (sofortige Hilfe bei akuter Gefahr).
Spezialisierte Polizeidienststellen: In vielen Regionen gibt es auf häusliche Gewalt spezialisierte Einheiten.
www.hilfetelefon.de
Anonyme Online-Beratung direkt über die Webseite rund um die Uhr.
Weißer Ring e.V.
Website: www.weisser-ring.de
Telefon: 116 006 (kostenfrei, anonym, täglich erreichbar).
Angebote: Unterstützung für Opfer von Gewaltverbrechen, auch finanziell und juristisch.
Spezialisierte Angebote für Migrantinnen
Agisra e.V.
Website: www.agisra.org
Angebote: Unterstützung für Migrantinnen, Beratung zu Gewalt, Flucht und Diskriminierung.
Terre des Femmes
Website: www.frauenrechte.de
Angebote: Beratung und Projekte gegen Gewalt an Frauen, insbesondere zu Themen wie Zwangsheirat und Genitalverstümmelung.
Für Jugendliche:
Nummer gegen Kummer
Telefon: 116 111 (kostenfrei, anonym, für Kinder und Jugendliche).
Website: www.nummergegenkummer.de